#6 An der Bar mit Ironman-Sieger Faris Al-Sultan: Wie lernen wir, unsere Grenzen zu überwinden?
26.06.2024 41 min
Video zur Episode
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Zusammenfassung & Show Notes
Diesmal sitzt Faris Al-Sultan mit mir an der Sundowner-Bar. Als Weltklasse-Triathlet hat Faris den berühmt-berüchtigten Ironman Hawaii gewonnen, die Königsdisziplin im Triathlon. Wir sprechen darüber, was es heißt, an eigene Grenzen zu stoßen und darüber hinaus zu gehen, wie er für einen Triathlon trainiert hat, wieviel Geld Faris als Triathlet verdiente – und ob man in einem normalen Job noch funktioniert, wenn man gewohnt ist, für Siege von 10.000 Menschen bejubelt zu werden.
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Transkript
Faris ist ehemaliger Triathlet, hat 2005 als dritter Deutscher den Ironman gewonnen.
Hast du noch im Kopf, wie du dich gefühlt hast, als du die Ziellinie überquert hast?
Nein. Die gesamte Zeit um das Ende des Rennens rum ist aus meinem Gehirn komplett ausradiert.
Als Sportler bist du natürlich beschädigt, weil nichts, absolut nichts,
bewegt dich emotional so wie dieser Leistungssport.
Die abartigste Szene, die ich nie in meinem Leben vergessen werde,
war in Frankfurt, als ich gewonnen habe.
Damals war das noch so, da durftest du dann auf den Römer hoch.
Da wurden wir dann rausgeführt auf den Balkon.
Und dann ist dieser Römer voll mit 10.000 Leuten.
Das ist abartig, Gänsehaut pur und vollkommener Wahnsinn.
Und wenn du das gehabt hast, dann wird es schwierig,
was soll dir dein Chef in deinem normalen Job da erzählen.
Die berühmte Geschichte mit dem Ironman auf Hawaii.
Natürlich, wie immer, man war an der Bar und man hat sich darüber unterhalten,
wer ist der beste Sportler.
Der Schwimmer, der Radfahrer oder der Läufer.
Die haben gesagt, wir machen die drei Sachen hintereinander.
Und wer das Ding gewinnt, das ist der krasseste Sportler und den nennen wir den Ironman.
Willkommen bei nah, neugierig & Negroni.
Ich bin Friedl Wynants, euer Host, und habe heute Faris Al-Sultan bei mir an der Bar.
Faris ist ein echter Sportstar, ehemaliger Spitzensportler und zwar im Triathlon.
Hat 2005 den Ironman auf Hawaii gewonnen, die Königsdisziplin im Triathlon.
Hat das gleiche später nochmal als Trainer geschafft, war auch Bundestrainer und Funktionär.
Also sowas wie der Franz Beckenbauer des Triathlon.
Und mit Faris spreche ich hier an der Bar über den Mythos Ironman.
Was es bedeutet, in einem über achtstündigen Rennen an eigene Grenzen zu gehen,
in den Schmerz zu laufen, aber auch was es bedeutet, von zehntausenden Menschen
auf dem Rathausbalkon bejubelt zu werden.
Und nicht zuletzt erfahrt ihr, warum Faris seinen ersten Marathon mit gefälschtem Ausweis laufen musste.
Viel Spaß bei unserem Gespräch.
[Musik]
Faris, ich freue mich total, dass wir zwei zusammen heute an der Bar sitzen,
dass wir Gelegenheit haben, dich näher kennenzulernen, auf deine Karriere zu schauen.
Bevor wir das machen, gibt es bei "nah, neugierig & Negroni" immer ein Getränk.
Du hast dir ein Spezi gewünscht.
Unkonventionell für einen ehemaligen Sportler, aber du trinkst es, glaube ich, gerne.
Ich trinke gerne Spezi und ich weiß, es ist keine Herausforderung für den Barkeeper,
aber ich freue mich trotzdem.
Ach, der hatte schon genug Herausforderungen und da kommen auch wieder welche.
Faris, ich würde gerne einsteigen, wie wir immer einsteigen, nämlich mit der Frage,
was können andere von dir lernen?
Gut, das Offensichtliche.
Natürlich vieles über Triathlon aus meinen 15 Jahren als Profi, als Teamkapitän und als Trainer,
als Trainer der deutschen Nationalmannschaft.
Alles Mögliche über Triathlon und vielleicht auch über das Scheitern,
weil ich bin ja auch schon gescheitert im Triathlon mit dem einen oder anderen Projekt.
Es gibt bestimmt vieles zu erzählen.
Da kommen wir drauf.
Ich freue mich drauf, ich stelle dich noch mal ganz kurz vor.
Faris Al-Sultan, Faris ist ehemaliger Triathlet, hat 2005 als dritter Deutscher den Ironman gewonnen,
der so als härtester Ausdauerwettkampf der Welt gilt und einen entsprechenden Ruf ja auch hat.
Triathlon, um das nochmal für alle vielleicht klar zu machen, heißt 3,8 Kilometer schwimmen,
180 Kilometer Radfahren und dann noch einen Marathon on top.
Also man ist gefordert, man kommt wahrscheinlich auch an die eine oder andere Grenze.
Und bei dir ging die Karriere dann aber noch weiter.
Du hast dann Ironman-Siege noch eingefahren in Regensburg, Österreich, Lanzarote, Arizona, Malaysia
und dann auch 2011 in Frankfurt die Europameisterschaft gewonnen.
Also eine wirklich beeindruckende Karriere und mich interessiert natürlich,
was du so erlebt hast auf dem Weg.
Wir werden über Scheitern sprechen, vielleicht auch über Grenzen, an die man mal kommt und wie man sie überwindet.
Jetzt bist du heute nicht mehr aktiv als Triathlet,
aber wie sieht denn jetzt so in deinem heutigen Leben ein typischer Tag aus?
Ja, ein typischer Tag sieht doch immer noch so aus, dass ich an vielen Tagen zweimal am Tag trainiere.
Kannst du nicht lassen.
Hat sich nicht so viel geändert, aber es ist natürlich anders.
Es ist nicht mehr so viel.
Anstatt viereinhalb Kilometer schwimmst du halt noch drei Kilometer
und du läufst halt dann vielleicht noch acht Kilometer und halt nicht mehr 15
und Rad gefahren wird dann auch natürlich alles nicht mehr so viel.
Aber ich trainiere an vielen Tagen auch immer noch zweimal und habe auch nach wie vor große Freude daran.
Ich trainiere noch selber ein paar Athleten, sitze auch ab und zu mal vom Computer
und schaue da so rein, was die so alles machen.
Ja, und ansonsten spiele ich noch mit meinen Kindern.
Ja, das klingt doch nach einem gut gefüllten Tag.
Wenn du es vergleichst mit früher, wie sah da ein typischer Tag aus in deiner Hochleistungszeit?
Klassischer Tag aus dem Trainingslager in den Emiraten.
6.30 Uhr aufstehen, Frühstück, 7.30 Uhr sitzt du am Rad.
Dann fährst du, je nachdem, zwischen drei und fünf Stunden Rad.
Dann wird gekoppelt.
Manchmal, wenn es schon zu spät im Jahr war, hast du zwischendrin gekoppelt.
Was heißt das? Gekoppelt?
Gekoppelt, heißt einen Koppellauf machen.
Das heißt manchmal, weil es dann so heiß wurde, hast du mittags dann nicht mehr laufen wollen.
Also nach dem Radfahren.
Dann hast du deine Schuhe mitgenommen, also die Laufschuhe, Laufsachen mitgenommen aufm Rad.
Hast dann nach 90 Kilometern angehalten, hast die Schuhe angezogen,
bist eine Dreiviertelstunde gerannt und dann bist du wieder aufs Radl und bist wieder weitergefahren.
Und dann kam Mittagspause, also Mittagessen, Duschen, Essen, Schlafen.
Immer am Nachmittag wurde geschlafen und dann um 15.30, 16 Uhr stehst du wieder auf,
trinkst deinen Tee, isst nochmal ein Muffin irgendwas und dann geht es in die zweite Einheit.
Dehnen, Krafttraining, Schwimmen.
Also nicht immer alles, aber mal das eine, mal das andere, mal zwei Sachen.
Und dann gegen Viertel vor acht, acht, raus, Abendessen.
Also raus aus dem Becken, Abendessen, dann noch vielleicht ein bisschen was einkaufen
und dann ins Bettchen und um halb elf Augen zu und schlafen.
Okay, das ist ja mehr als nur ein Fulltime-Job.
Das war, wie gesagt, Hochzeittraining, wenn du halt voll trainierst.
Normalerweise ist es so, dass du im Jahr, also Leistungssport sagt man, das sind 1000 Stunden.
Kann sich jeder kurz ausrechnen.
50 Wochen, also 20 Stunden in der Woche.
Jetzt überlegt der Mensch, naja, 20 Stunden, das ist Halbzeit, also Halbtagsjob.
Aber das ist natürlich die Netto-Trainingszeit.
Da bist du noch nicht ins Training gefahren, da hast du noch nicht geduscht,
da hast du noch keine Massage.
Dann musst du dich auch mal um deine ganze Ausrüstung kümmern.
So ein Triathlet hat ja auch einen Haufen Geraffel, von der Autogrammkarte bis zum Zweitfahrrad.
Und das musst du alles organisieren, in Schuss halten.
Und das heißt, damit bist du auch beschäftigt.
Und letzten Endes, wenn du das auf vernünftiger Ebene betreibst, dann ist es ein Vollzeitjob.
Vielleicht nochmal kurz zum Training, weil das fand ich ganz interessant,
wenn ich es richtig verstanden habe, du trainierst an jedem Trainingstag alle drei Disziplinen?
Na, das jetzt nicht.
Klassisch war fünfmal pro Woche schwimmen, fünfmal pro Woche laufen,
fünfmal pro Woche Radl fahren, zwei- bis dreimal pro Woche dann noch in den Kraftraum.
Das wurde dann so aufgeteilt.
Du bist ja auch mal viel länger Rad gefahren, mal bist du sieben Stunden Rad gefahren.
Und dann bist du vielleicht noch eine Viertelstunde laufen.
Und dann hast du natürlich auch mal Ruhetage.
Das ist ja klar, weil du musst ja irgendwann mal das Radl putzen und neu ölen.
Und musst vielleicht auch mal irgendwo hin.
Und du kannst ja nicht immer nur trainieren. Das geht ja nicht.
Ich habe gleich noch einige Fragen zu deinen Trainingsroutinen.
Aber vielleicht erstmal noch mal kurz zu dir auch zurück.
Wie bist du dazu eigentlich zu dem gekommen?
Ich habe gehört über dich, dass du als 16-Jähriger deinen ersten Marathon gelaufen bist.
Und zwar damals mit gefälschter Altersangabe, weil man es glaube ich noch nicht laufen durfte
mit 16. Jetzt habe ich spontan den Impuls, also ich habe mit 16 alles Mögliche im Kopf gehabt,
aber nicht einen Marathon zu laufen. Wie kam es, dass du das unbedingt wolltest?
Na ja, gut, angefangen hat die Sache vorher.
Ich war als Jugendlicher ein bisschen dick und habe dann in einer Crash-Diät
in den Sommerferien, sechs Wochen, fast nichts gegessen, 15 Kilo abgenommen.
Und dann hieß es, ja, jetzt muss ich wieder irgendwas machen.
Ich war davor schon immer sportlich, viel gemacht, aber halt mal Judo, mal Fußball spielen und so.
Nichts jetzt auf irgendeinem leistungssportlichen Niveau oder so.
Und habe dann überlegt, ja, okay, jetzt will ich wieder einigermaßen normal essen.
Ein paar Muskeln will ich jetzt auch mal wieder haben und so.
Dass bei den Mädels ja auch mal wieder, hier sollte ja vielleicht auch mal was passieren.
Auf jeden Fall hat dann der Schwimmverein zufällig gerade Nachwuchs gesucht für die Wettkampfmannschaft.
Und dann habe ich mir gedacht, das ist es.
Anstatt einmal die Woche zum Bauch waschen, gehe ich da dreimal die Woche hin und dann läuft es.
Und dann bin ich da hin und habe dreimal die Woche trainiert,
dann auf einmal viermal die Woche, fünfmal die Woche, sechsmal die Woche.
Dann bin ich siebenmal die Woche geschwommen und war auf einmal Schwimmer.
Aber es war relativ schnell klar, ich habe zu spät angefangen.
Aus mir wird kein großer Schwimmer mehr.
Und wir sind aber beim Trockentraining, vom Schwimmtraining, sind wir noch ab und zu mal gelaufen.
Und das hat mir auch viel Spaß gemacht und da war ich auch gut.
Und dann habe ich gesagt, ich brauche eine neue Herausforderung und jetzt möchte ich einmal einen Marathon laufen.
Das hab ich mir dann eingebildet, habe da natürlich auch einigermaßen trainiert.
Und dann bin ich mit 16 meinen ersten Marathon gerannt.
Ja und dann habe ich Bilder gesehen vom Ironman auf Hawaii und von Thomas Hellriegel,
dem ersten deutschen Hawaii-Sieger und dann habe ich gesagt, das ist geil, das will ich auch machen.
Okay, das heißt Triathlon ist ein Sport, wo man auch, wenn man relativ spät anfängt, noch in die Weltspitze kommen kann.
Das ist ja glaube ich in anderen Sportarten gar nicht so einfach.
Du hast ja vom Schwimmen gerade selber gesagt.
Ja, im Schwimmen hast du halt das Problem, da gibt es ganz, ganz wenig Leute, die so ein Bewegungstalent haben,
dass das später nochmal irgendwas wird.
Im Triathlon kommst du mit Arbeit sehr weit.
Also klar, du brauchst auch Talent, sonst geht es nicht, aber du kommst mit Arbeit und mit viel Trainingsfleiß schon sehr weit.
Okay.
Ja, und dann bist du mit 16 den Marathon gelaufen, vorher warst du schon im Schwimmen.
Wie kam dann noch der Schritt zum Triathlon? Da fehlt ja dann noch eine Disziplin.
Wie gesagt, ich habe dann Bilder vom Ironman auf Hawaii gesehen und habe dann gesagt, das ist einfach Wahnsinn.
Und ich konnte schon schwimmen und ich konnte laufen, habe ich mir einen Radl gekauft und bin dann noch ein bisschen mit dem Radl umeinander gefahren.
Das hat dann gedauert, bis das einmal was geworden ist.
Und mit 18 habe ich dann meinen ersten Triathlon gemacht, Karlsfeld vor den Toren Münchens, eine olympische Distanz.
Und mein zweiter Triathlon war dann schon der Ironman auf Lanzarote.
Oh wow.
Eines der härtesten Ironman-Rennen, weil es halt zweieinhalbtausend Höhenmeter hat.
Und vielleicht nochmal zur Einordnung, es gibt den Ironman auf Hawaii, das ist die Weltmeisterschaft.
Und dann gibt es natürlich weltweit noch viele andere Ironman-Rennen über dieselbe Distanz,
die aber natürlich weniger prestigereich sind und bei denen man sich für Hawaii qualifizieren kann.
Wie kam denn dann noch der Schritt zum Profi?
Das ist auch relativ schnell erklärt. Du versuchst einfach immer besser zu werden.
Und ich habe dann immer mehr trainiert und bin dann auch immer besser geworden.
Ich war drei Jahre hintereinander auf Lanzarote. Beim ersten Mal war ich Sechster, beim zweiten Mal war ich Dritter in meiner Altersklasse.
Und beim dritten Mal habe ich gewonnen und habe damit das Hawaii-Ticket gehabt und durfte in meiner Altersklasse nach Hawaii fahren.
War dann auf Hawaii und war absolut geflasht natürlich. Wahnsinn, als hast du es dahin geschafft.
War leider Gottes nur Dritter in meiner Altersklasse.
Und das Tragische daran war, normalerweise ist nach dem Ironman Hawaii auf dem Cover immer der Sieger, der Profisieger.
Aber in diesem Jahr war der Sieger aus der AK 18-24, also der jüngsten AK, der Männersieger, der war auf dem Bild.
Das war für mich eine Katastrophe, weil ich hätte eine Chance gehabt und er war jetzt da drauf anstatt mir.
Hat mich natürlich wahnsinnig geärgert, hat mich natürlich auch angespornt, das dann weiter intensiv zu verfolgen.
Und im Jahr 2000 gab es dann mal eine Langdistanz, also kein offizielles Ironman-Rennen, aber eine deutsche Meisterschaft und die habe ich dann gewonnen.
Und das war sozusagen, wenn man so will, mein Gesellenstück.
Und dann warst du Profi?
Sozusagen, das ist aber ein bisschen anders, in der NBA unterschreibe ich meinen Vertrag und dann kriege ich die Millionen und dann bin ich Profi.
Das funktioniert im Triathlon nicht so.
Du bist am Anfang, kriegst vielleicht mal Ausrüstung umsonst von irgendwem und dann startest du für ein Bundesliga-Team.
Es gibt auch eine Triathlon-Bundesliga, aber kürzere Distanzen.
Und dann kriegst du am Wochenende halt einmal 500 Euro, wenn du da irgendwo vorne mit dabei bist.
Das ist noch kein Profitum, sondern so fängt es halt an.
Und dann machst du mal ein bisschen Preisgeld und dann entwickelt sich das so langsam.
Dann findest du vielleicht mal einen Sponsor, der dir mal ein Fixum zahlt.
Aber ich habe im Jahr 2003, da bin ich dann siebter geworden auf Hawaii, also bei den Profis.
Das war dann schon eigentlich ernst, da habe ich im Schnitt 600 Euro im Monat verdient, also Hartz-IV-Satz.
Es ist ein hartes Brot.
Dann ging es natürlich relativ flott, weil ich ja 2004 schon Dritter war und 2005 dann gewonnen habe.
Also das ging dann relativ schnell.
Und dann habe ich natürlich auch Geld verdient.
Kann man sagen, oder ist das auch öffentlich bekannt, was ist denn das Preisgeld, wenn man da ein Ironman zum Beispiel gewinnt?
In Hawaii 120.000 Dollar und bei anderen Rennen dementsprechend weniger.
Du hast da eine Mischung, dein Einkommen generiert sich aus Sponsorenverträgen, dann Boni von den Sponsoren für besonders herausragende Rennergebnisse,
dann Preisgeld, Antrittsgeld, der ein oder andere Vortrag und dann geht es natürlich runter.
Denn nicht jeder, der als Profi gemeldet ist, verdient eben damit auch wirklich Geld.
Viele Leute sind dann nebenbei Radmechaniker, Trainer, Schwimmtrainer oder haben einen ganz normalen Job.
Du hast vorher schon gesagt, im Triathlon kommt man mit Willen oder Ausdauer relativ weit.
Man braucht aber auch Talent.
Meine Frage, was muss man denn jetzt mitbringen, um es in der Sportart so weit zu bringen wie du?
Kann das jeder schaffen, wenn er einfach nur genug Willen hat oder was braucht es?
Es müssen natürlich schon ein paar Voraussetzungen gegeben sein.
Wenn wir vom Wort Talent sprechen, dann denken wir immer an Bewegung.
Du siehst, wie Messi sich bewegt am Platz und sagst dir, der ist talentiert, wahnsinn, das ist super.
Im Triathlon ist es natürlich eine andere Geschichte.
Da geht es in erster Linie darum, du musst orthopädisch gesund sein, damit du überhaupt die Umfänge trainieren kannst.
Sonst geht das gar nicht.
Du musst auch so gesund sein, wenn du alle sechs Wochen krank bist, dann kriegst du keine Konstanz ins Training, dann geht es auch nicht.
Dann musst du natürlich auch auf dieses Ausdauertraining ansprechen.
Das heißt, es nützt einfach nichts, wenn du nur viel trainierst.
Wir können jetzt morgen, gehen wir zwei zum Radl fahren und dann fahren wir fünf Stunden und danach laufen wir noch eineinhalb Stunden.
Das überlebst du schon irgendwie, nur danach bist du kaputt.
Und eigentlich, was du ja haben willst, ist, dass du besser wirst davon.
Dass du diesen Reiz, den du durchsetzt, verarbeiten kannst.
Und da ist einfach bei manchen Leuten Schluss.
Weil das natürlich schon irgendwo vorgegeben ist, wie viele Mitochondrien,
also jetzt gehen wir ein bisschen in die Sportphysiologie, das sind die kleinen Kraftwerke, die die Energie praktisch produzieren in deinen Muskeln.
Und es ist einfach genetisch vorgegeben, wie viele davon da reinpassen.
Mit viel Training kannst du das natürlich sehr gut reizen, dass das mehr wird.
Aber irgendwo ist Schluss.
Du warst ja auch Trainer, woran erkennst du, ob jemand Talent hat?
Also ob dieses ganze Training anspricht, das ist ganz, ganz schwer.
Da kannst du kaum reinschauen.
Was du natürlich schon siehst, ist, ob einer eine Trainingserfüllung hat von 98 Prozent oder halt nicht.
Ist der viel krank? Ist der viel verletzt? Das sind natürlich Riesenprobleme.
Und wir haben ungefähr 30 Faktoren, die auf die Leistung von so einem Athleten Einfluss nehmen.
Die Größe, das Körpergewicht, wie beweglich er ist, was für eine Radbeherrschung er hat, lauter so Sachen.
Und du kannst natürlich nicht an allen Sachen arbeiten. Das geht nicht.
Da gibt es eine Grenze, weil du ja auch nur 24 Stunden am Tag Zeit hast.
Und du hast ja auch irgendwann mal geistig keine Energie mehr, selbst wenn du physisch noch was machen könntest,
dann kannst du dich irgendwann nicht mehr konzentrieren.
Da ist also irgendwo Schluss.
Das heißt, du musst einigermaßen was mitbringen, weil du einfach nicht an allem arbeiten kannst.
Verstehe ich. Lass mal kurz noch ein bisschen auf den Sport und vielleicht auch auf dieses Format Ironman schauen.
Also erstmal die Frage, warum ist denn ausgerechnet dieses Rennen auf Hawaii DAS Rennen im Triathlon?
Da hat alles angefangen. Man muss dazu sagen, Triathlon gibt es schon etwas länger.
In der Mission Bay in San Diego hat in den 60er, 70er, 60er, 70er Jahren,
haben die Leute angefangen nicht mehr nur zu laufen, sondern Wettkämpfe zu machen,
wo man eben Radfahren, Schwimmen und Laufen so ein bisschen mischt.
Und die berühmte Geschichte mit dem Ironman auf Hawaii ist natürlich, wie immer, man war an der Bar
und man hat sich darüber unterhalten, wer ist der beste Sportler?
Der Schwimmer, der Radfahrer oder der Läufer?
Und dann hat man, darum gibt es auch diese ganz eigenartigen Distanzen beim Ironman,
dann hat man drei Rennen, die es auf O'ahu gegeben hat.
Also nicht da, wo der Ironman jetzt ist, sondern auf O'ahu, die Nachbarinsel,
hat man aneinander gepappt, nämlich das Waikiki Roughwater Swim, über 3,8 Kilometer,
dann das Around O'ahu Bike Race, das hatte 180 Kilometer und den Honolulu Marathon.
Und die haben gesagt, wir machen die drei Sachen hintereinander und wer das Ding gewinnt,
das ist der krasseste Sportler und den nennen wir den Ironman.
Ach, und daher kommen die Distanzen?
Daher kommen die krummen Distanzen, weil man hätte ja auch 4 Kilometer schwimmen können
und 200 Rad fahren oder 150.
Du hast ihn als dritter Deutscher gewonnen.
Hast du noch im Kopf, wie du dich gefühlt hast, als du die Ziellinie überquert hast?
Nein. Die gesamte Zeit um das Ende des Rennens herum ist aus meinem Gehirn komplett ausradiert.
Wegen Erschöpfung oder wegen Adrenalin?
Man darf natürlich nicht vergessen, das ist eine sehr spezielle Situation.
Du bist dehydriert und du bist energetisch am Ende.
Dazu kommt dann noch diese ganze Aufregung und ich habe alles vergessen.
Ich kann mich erst wieder daran erinnern, als ich einige Stunden später im Taco Bell in Kona saß
und ein Interview dort gegeben habe.
Kennst du auch nur aus dem Fernsehen?
Genau, das kenne ich nur aus dem Fernsehen.
Okay, interessant.
Gab es für dich sowas wie eine Lieblingsdisziplin von den dreien oder auch die Hassdisziplin?
Ich komme natürlich vom Schwimmen.
Wenn du eine sehr aggressive Strategie verfolgst,
dass du sehr schnell anschwimmst und versuchst, weg zu kommen und das Rennen von vorne zu gestalten,
dann ist es zwangsläufig so, dass du beim Laufen irgendwann eingehst.
Das ist üblich.
Manchmal hast du halt das Glück, dass es reicht.
Manchmal nicht, dann wirst du noch überholt.
Aber es war nicht so, dass ich ein sehr schlechter Läufer gewesen wäre,
sondern das ist ein bisschen der Taktik geschuldet.
Und du musst natürlich ausgeglichen sein.
Du kannst dir keine große Schwäche erlauben, sonst bist du einfach nicht mehr vorne.
Aber das heißt, für dich war es dann eigentlich so, mit jeder Disziplin wurde es ein bisschen schwieriger?
Ja.
Eigentlich falschrum.
Stimmt es denn, dass du in der Zeit keinen Trainer hattest?
Nein, ich habe mich immer selbst trainiert.
Man darf natürlich auch nicht vergessen, das ist ... meine große Zeit, das ist 20 Jahre her.
Heutzutage, ich weiß, das ist kaum vorstellbar, aber wenn ich etwas wissen will, Handy raus, Google, weiß alles.
Das gab es früher nicht bei uns.
Da gab es das Triathlon-Magazin, da stand etwas drin, dann musstest du vier Wochen warten, bis das rauskam.
Und wir haben einfach sehr wenig Wissen gehabt, wie das alles funktioniert.
Aber heutige Triathleten haben in der Regel einen Trainer, oder? Du warst ja auch Trainer.
Ja, natürlich, selbstverständlich. Es haben auch damals Leute schon Trainer gehabt.
Aber ich hatte einfach da Bedenken, mich irgendjemandem anzuvertrauen, weil du gibst natürlich dann ja auch Verantwortung ab.
Letzten Endes bist du als Triathlet ein Unternehmer, du bist ein Ein-Mann-Unternehmen.
Und du triffst natürlich auch, wie jeder Geschäftsführer, eine Entscheidung.
Ich kann was outsourcen.
Also mein Training wird outsourced.
Übernimmt jetzt der "Sowieso", der macht das, der sagt mir, was ich jeden Tag machen soll.
Okay. Oder aber du sagst, mach ich selber. Das ist ja eine Unternehmensentscheidung, letzten Endes.
Wie sieht die Vorbereitung auf, bleiben wir beim Ironman, auf so einem Wettkampf aus?
Also ich zum Beispiel aus dem absoluten Amateurbereich, kenne das, dass man so sagt,
also in den Tagen vorher läuft man da jetzt nicht mehr die volle Distanz.
Ja gut, sowieso nicht in deinem Fall wahrscheinlich.
Aber wie geht das so in den Tagen vor dem Rennen mit dem Training?
Also üblicherweise hast du eine spezielle Vorbereitung gemacht, das war so ein 3-4 Wochen-Block.
Und da habe ich auch nichts neu erfunden.
Ich habe mich ganz einfach an dem orientiert, was die Leute vor mir gemacht haben.
Das schaust du dir einmal an und dann so, ja okay, gut, machen wir das halt.
Da haben wir auch über vieles nicht so intensiv nachgedacht, sondern, ja okay, die machen das, dann machen wir das halt auch.
Und dann zwei Wochen vor dem Rennen fängst du normalerweise an mit dem sogenannten Tapern.
Das heißt, Tapern, kommt aus dem Englischen, von sich zuspitzen.
Und du reduzierst normalerweise den Trainingsumfang um 50%.
Das ist üblich, hast immer noch so ein bisschen Intensitäten drin.
Das ist aber sehr individuell.
Es gibt auch Leute, die trainieren näher an den Wettkampf ran, die wollen das.
Ich bin damit immer ganz gut gefahren mit den zwei Wochen.
Und das heißt nicht, dass du nichts trainierst.
Für normalsterbliche Menschen machst du immer noch viel Sport.
Aber halt im Verhältnis zu dem, was du vorher an Umfang gehabt hast,
dass du vorher etwa 30, 35 Stunden trainiert hast und danach halt irgendwas zwischen 15 und 20.
Also schon immer noch relativ viel.
Und dann unmittelbar vor dem Wettkampf, was ist dann in Sachen Ernährung, Schlaf und so weiter zu beachten?
Du musst halt dafür sorgen, dass der Glykogenspeicher voll ist vorm Rennen.
Das ist also schon essentiell, weil du ja im Rennen einfach viel Kohlenhydrat brauchst.
Du kannst aber nur eine gewisse Menge an Kohlenhydrat aufnehmen.
Mehr passt nicht. Nein. Und kannst du auch nicht verarbeiten. Das geht nicht.
Und dann brauchst du eine gewisse Fettverbrennung.
Und aus dem Speicher muss irgendwo was herkommen.
Wenn du nicht so viel Speicher hast oder nicht so viel aufnehmen kannst,
dann musst du dich langsamer bewegen meistens.
Das willst du natürlich nicht.
Und das heißt in den drei bis drei Tagen vorm Rennen isst du halt einfach immer noch viel.
Jetzt nicht, keine Massen, aber schon immer noch viel.
Ich bin schon am Freitag, war klassischerweise immer am Samstag,
am Freitagabend sitzt du dann vor deinem Teller Nudeln und sagst einfach, ich kann es nicht mehr sehen.
Also ich will es nicht mehr essen.
Das kommt dann schon vor.
Weil du das halt dann auch, da hast du das dann irgendwann über.
Kannst du uns oder hast du irgendwie einen besonders herausfordernden Moment im Kopf,
der dir mal während eines Rennens zugestoßen ist oder eine Situation, wo du an die Grenze kramst
oder was Besonderes passiert ist?
Na ja gut, ich sage immer, ich habe ein Stück meiner Seele am Main, an den Ufern des Main gelassen,
beim Ironman in Frankfurt 2011.
Es war ein sehr kaltes Rennen. Wir hatten eine Wahnsinns-Aussteigerquote.
Also Leute, die das Rennen einfach nicht beenden konnten wegen Unterkühlung.
Normalerweise muss ich während des Rennens einmal pinkeln nach dem Radfahren.
Ich glaube, da habe ich mich ungefähr 12 Mal selber angepinkelt.
Triathlon ist, also insbesondere beim Ironman, der einzige Sport, wo du für Inkontinenz Anerkennung bekommst.
Also wenn du es einfach laufen lassen kannst, ist super.
Finden alle unglaublich toll, weil du nicht anhalten musst.
Es war einfach ein unglaublich hartes Rennen aufgrund dieser ungewöhnlichen Kälte,
also 12 Grad, Regen. Da bin ich an die absolute Grenze gegangen.
Das war Wahnsinn. Da kam ich in die Ziellinie und habe angefangen zu weinen,
weil ich einfach am Ende war. Da habe ich wirklich alles rausgelassen, was noch drin war.
Du hast mal gesagt, nach einem Sieg noch einmal zu gewinnen ist eigentlich schwieriger als der erste Sieg.
Kannst du das ein bisschen erläutern?
Du hast deine ganze Karriere über auf dieses Ziel hingearbeitet und jetzt ist es da.
Und was machen wir jetzt?
Für mich war es auch so, als ich dann 2005 gewonnen habe, im Jahr danach,
bist du ja so ein bisschen das Aushängeschild für den gesamten Triathlon-Sport.
Egal, ob die Leute jetzt Kurzzistanz machen oder so weiter.
Du bist einfach als Ironman Hawaii-Sieger bist du halt der Mann.
Ich habe das dann schon einigermaßen ernst genommen und versucht,
viele Wettkämpfe zu machen, präsent zu sein, Interviews zu geben.
Ich habe nach meinem dritten Platz im Jahr 2004, nachdem der Norman das erste Mal gewonnen hat,
habe ich danach zwei Interviews gegeben.
Im Jahr 2005, nachdem ich gewonnen habe, zwei pro Woche im Schnitt, über 50 Wochen durch.
Das war eine komplett andere Welt und das Interesse an dir wird natürlich viel größer.
Du hast einfach schlicht und ergreifend mehr zu tun.
Dich dann immer wieder aufs Training zu konzentrieren, weil dir dann auch viel reißt,
hier nochmal hin und da nochmal hin, das ist nicht so einfach.
Ich bin schon sehr stolz auf meinen dritten Platz im Jahr 2006.
Der war sicherlich härter als der Sieg.
Okay, weil so viel Aufmerksamkeit schon auf dir liegt, weil du auch vom Training abgehalten wirst.
Ja, und es ist einfach viel Druck gelastet auf dir.
Ja, okay, das kann ich verstehen.
Irgendwann wirst du ja gemerkt haben, jetzt macht der Körper vielleicht nicht mehr so,
wie er 2005 noch gemacht hat.
Merkst du es, A und B, wie war das dann, sich das einzugestehen?
Ja, das geht dann noch immer so, was du halt einfach nicht mehr kannst, diese Leichtigkeit.
Wir haben ja, als ich 25 war, haben wir jeden Blödsinn gemacht.
Wir waren in den Emiraten, mein Vater war mit einem Prinzen, den er da begleitet hat,
in Dubai, fragt, ob wir nicht vorbeikommen wollen fürs Mittagessen.
Dann sind wir da 140 Kilometer hingefahren, waren mit ihm beim Mittagessen,
und sind dann 140 Kilometer zurückgefahren.
Das hätte ich später gar nicht mehr gekonnt.
Also, gefahren mit dem Rad.
Ja, mit dem Rad, natürlich.
Wollte ich grad sagen, weil mit dem Auto Auto fänd ich das nicht so ...
Nein, nein, wir sind mit dem Rad dahin, haben gegessen, sind wieder zurück.
Natürlich.
Aber das war so, na ja, gut, das machen wir jetzt halt.
Und es war kein großes Thema, sondern, na ja, klar, machen wir halt dann.
Und das verlierst du halt, sondern es ist alles dann ein bisschen strukturierter,
du brauchst mehr Pause.
Ich habe auch am Anfang noch studiert, nebenbei, das ist mit 35 vollkommen unmöglich.
Das ist einfach unmöglich.
Du brauchst Gammelzeit, du musst liegen und musst irgendwie in den Fernseher reinschauen
oder in irgendwas, aber du kannst einfach nicht dieses Durchgetaktete und Stets und Ständige,
das funktioniert überhaupt nicht.
Das geht nicht.
Das ist auf der einen Seite frustrierend, weil du natürlich immer noch Leistungssport machen willst
und immer gut und schnell und so.
Auf der anderen Seite ist das einfach der Lauf der Dinge und du musst es akzeptieren.
Ich habe mich darüber immer gefreut, dass ich es wenigstens mal konnte,
dass es wenigstens mal funktioniert hat.
Und so musst du das sehen, sonst wirst du wahnsinnig.
Ja, das glaube ich.
Was war das für ein Moment oder wie lief die Entscheidung ab, irgendwann dann zu sagen,
okay, jetzt ist es Zeit, es an den Nagel zu hängen?
Ja, also ich bilde mir ein, dass ich es noch relativ rechtzeitig gemerkt habe,
weil manche Leute im Triathlon, bei manchen ist das echt peinlich.
Die ziehen das dann bis zum St. Nimmerleins-Tag und es kam einfach nichts mehr raus.
Und ich bin bei mehreren Rennen hintereinander ausgestiegen, was ich vorher eigentlich nicht hatte.
Klar, mal ein technisches Problem, aber echt selten und habe fast immer alles ins Ziel gebracht.
Aber das war dann einfach 2014, da bin ich schon in Hawaii ausgestiegen
und bin schon im Wasser abgehängt worden, das ist mir noch nie passiert.
Und das war dann so das erste Zeichen, oh, das ist nimmer gut.
Und 2015 war ich dann nochmal beim Ironman in Texas und da saß ich dann aufm Rad
und habe einfach gesagt, okay, gut, was machst du hier?
Echt, ja? Auf dem Rad kam die Erkenntnis, jetzt ist gut.
Ich fahre jetzt nach Hause, also zurück zur Wechselzone, aber ich ziehe keine Schuhe mehr an,
sondern ich rolle jetzt heim und drücke nicht mehr drauf.
Ich war vorher in so einer Sechs-Mann-Gruppe drin und ich habe die dann fahren lassen
und bin dann auf dem Oberlenker einfach heimgerollt und habe gesagt, okay, gut,
das hat jetzt einfach keinen Sinn mehr.
Okay, also Marathon gar nicht mehr gelaufen und das war dein letzter Wettkampf?
Nein, ich habe dann noch eine kleine Tour de Noeur (?) gemacht
und mein letzter wirklicher Triathlon-Wettkampf war dann im selben Jahr der Allgäu Triathlon im August.
Und da habe ich dann wirklich meinen letzten Triathlon gemacht
und ich habe auch seitdem keinen Triathlon mehr gemacht.
Auch nicht im Training mal über die Distanz gegangen?
Nein, nein, nein, also über die Distanz besonders nicht.
Ich habe immer wieder Sachen natürlich gemacht.
Ich habe auch Wettkämpfe gemacht, Schwimmwettkämpfe, Laufwettkämpfe, Radrennen,
alles Mögliche, aber kein Triathlon mehr.
Okay.
Da war ich dann schon konsequent.
Ich würde gerne noch mal ein bisschen auf dieses Thema Grenzen und vielleicht auch Grenzen überwinden schauen,
weil ich mir so vorstelle, dass das einfach bei dieser Sportart auch ein Thema ist.
Vielleicht mal von der Seite.
Wie wichtig ist das Mentale versus das Körperliche für den Erfolg bei so einem Triathlon-Wettkampf?
Also zu wie viel Prozent entscheidet sich das im Kopf?
Ja, das ist ein bisschen schwierig.
Also eins ist natürlich klar, wenn du nicht trainiert hast, dann ist das egal,
ob du mental stark bist oder nicht, weil das geht nicht.
Die Physis ist schon mal wichtig, sonst geht das nicht.
Und auch heutzutage natürlich noch viel mehr.
Du kannst einfach so viel mehr heute messen.
Das ist klar, wenn die Leistungsparameter einfach nicht stimmen, dann geht es nicht.
Und da kannst du viel Wille aufbringen, wie du willst.
Aber natürlich, wenn man mal im Top-Bereich sich befindet von der Physis her,
dann entscheidet natürlich schon der Kopf, wer kann sich heute einfach länger an der roten Linie bewegen,
als der andere.
Und das ist dann schon letzten Endes die siegentscheidende Komponente.
Also das Körperliche ist die Grundvoraussetzung, muss jeder mitbringen.
Aber die Nuancen, die kleinen Unterschiede sind dann im mentalen Bereich.
Ja, natürlich.
Was kann man denn da machen oder was kann man da auch während eines Rennens für Strategien anwenden,
um sich in dem Bereich zu pushen?
Also die Leute haben ja gesagt, dass Mark Allen sich angeblich...
Also vielleicht hole ich etwas aus.
Mark Allen, sorry, das müssen wir, glaube ich, kurz erklären.
Also Mark Allen war einer der zwei Superstars des Triathlons.
Mark Allen und Dave Scott, beide haben sechs Mal auf Hawaii gewonnen.
Und Mark Allen hat auch oft in aussichtsloser Position, in Anführungszeichen,
von weit hinten, durch seine überragende Laufleistung Rennen für sich entscheiden können.
Und man hat Mark Allen nachgesagt, dass er sich selbst in die Zone, den Flow hineinversetzen kann.
Also du wünschst dir ja, jeder der schon mal das Wort „Runners High" gehört hat,
das ist ja der Zustand, den du dir wünschst, wo du eigentlich so,
wie soll man das genau beschreiben, du bist ein bisschen schwerelos,
du strengst dich schon an und du merkst das auch,
aber es ist jetzt kein Pressen, sondern es fließt alles.
Und diesen Zustand, den hättest du natürlich gerne.
Und ich kann zum Beispiel sagen, dass ich in Frankfurt bei meinem Sieg 2011
vier Stunden lang aufm Rad in dieser Zone war.
Das war einfach, es lief.
Ich habe gar nichts machen müssen, sondern das lief alles wie von selbst.
Aber ich habe nicht zu den Leuten gehört, die sich in das bewusst reinbegeben konnten.
Über Mark hat man gesagt, der kann das.
Weiß ich auch nicht.
Es gibt Leute, die sagen da Mantras auf, Leute, die denken an angenehme Sachen.
Ich habe kein Patentrezept gehabt und hatte wie gesagt Rennen,
wo ich einfach in diese Zone reingekommen bin.
Dann war es super.
Manche Rennen waren einfach Arbeit, wo du halt einfach dann kämpfst
und wo du dann leidest.
Aber dann macht so Wille schon einen Unterschied.
Ja, das macht was aus.
Und das kannst du aber auch nicht immer natürlich.
Und es hinterlässt auch Spuren.
Sowohl in deiner Birne als auch natürlich in deinem Körper.
Darum geht es heute auch nicht mehr so.
Das Stichwort geht nicht mehr so.
Ich glaube, du hast auch mal gesagt, du gehst in einem Wettkampf in den Schmerz rein.
Ja.
Was heißt das?
Es tut weh.
Spätestens auf der Laufstrecke bei den einen nach 15 Kilometern,
nach 10 Kilometern, nach 20 Kilometern, nach 25 Kilometern hast du einfach Schmerzen.
Da tun dir die Haxen richtig weh.
Da musst du durch.
Ausdauersport ist sicherlich was für jemanden, der leidensfähig ist.
Sonst geht es nicht.
Und glaubst du, dass das grundsätzlich jeder ist?
Dass jeder auch die Fähigkeit hat, Grenzen zu überwinden?
Es gibt natürlich Leute, die wollen das nicht.
Die wollen sich nicht gern wehtun. Die haben es gern gemütlich.
Ist auch recht.
Im Ausdauersport geht es nicht.
Da musst du dir wehtun können.
Sonst geht das nicht.
Nicht nur im Ausdauersport. Da gibt es noch genug andere Sachen.
Aber da auf jeden Fall.
Wie hat dich denn das, was du an mentalen Strategien über die Jahre entwickelt hast,
in anderen Lebensbereichen beeinflusst?
Wie kommt der Triathlet bei dir auch in anderen Situationen durch?
Ich würde sagen, das kommt schon auch ab und zu mal durch.
Wenn du eine Aufgabe hast und du dann auch mit Ehrgeiz dabei bist,
dann willst du schon, dass das funktioniert.
Aber da muss man natürlich auch dazu sagen, als Sportler bist du natürlich beschädigt.
Weil nichts, absolut nichts bewegt dich emotional so wie dieser Leistungssport.
Gar nichts.
Du kannst hundertmal hinterher einen Beruf haben,
der kann auch sehr aufregend sein und du machst den gern.
Aber das ist nicht so wie das.
Das geht nicht.
Drum ist es für uns auch manchmal schwierig,
wenn du einen normalen Job machst, da besondere Erregung zu verspüren.
Wenn ich jetzt Autos verkaufe, dann habe ich heute einmal zwei Autos verkauft.
Das ist dann sehr aufregend, aber das ist nicht so.
Das ist einfach anders.
Da muss man auch aufpassen, weil nicht jeder verträgt das, wenn er das nicht mehr hat.
Da gibt es dann schon Leute, die haben Probleme.
Genug Fußballer, früh geheiratet, dann geschieden.
Jetzt ist die Fußballkarriere beendet, die Frau ist weg, die Kinder sind weg.
Was mache ich jetzt?
Dann sitzt du nur noch im Stüberl.
Ich glaube, das ist von vielen Leistungssportlern auch bekannt,
dass du erstmal in ein Loch fällst, weil nichts diese Lücke füllen kann so schnell.
Es gibt nichts, was das füllen kann.
Darüber musst du dir vorher im Klaren sein.
Wenn dir mal auf dem Zieleinlauf in Hawaii 50.000 Leute,
so viele sind es auch nicht, aber 10.000 Leute zugerufen haben.
Die abartigste Szene, die ich nie in meinem Leben vergessen werde,
ich war da in Frankfurt, als ich gewonnen habe.
Damals war das noch so, da durftest du dann auf den Römer hoch.
Da wurden wir dann rausgeführt auf den Balkon.
Dann ist dieser Römer voll mit 10.000 Leuten.
Du winkst da runter wie der römische Kaiser.
Echt, ja?
Da kommen so viele Menschen, um dich dann da oben stehen zu lassen?
Ja, da ist ja die Tribüne aufgebaut.
Das ist absolut abartig.
Das ist abartig, Gänsehaut pur.
Vollkommener Wahnsinn.
Wenn du das gehabt hast, dann wird es schwierig.
Was soll dir dein Chef in deinem normalen Job da erzählen?
Die jubeln ganz selten.
Wir müssen jetzt das Quartalsziel erreichen.
Ja, okay.
Das ist emotional schon noch mal eine andere Geschichte.
Absolut.
Das ist auch ganz interessant, meiner Erfahrung nach.
Es gibt ja oft Vergleiche zwischen Führung und Leistungssport.
Aber die hinken halt immer.
Du hast ja im Büro nicht 10.000 Menschen, die dir zujubeln,
wenn du die E-Mail besonders schön geschrieben hast.
So ist es.
Und es ist ja natürlich auch bei den meisten Berufen geht's ja darum,
jeden Tag gleichbleibende Leistung abzurufen.
Bei uns arbeiten wir natürlich auf einen Klimax hin,
auf einen Höhepunkt.
Und jetzt lässt du alles raus.
Und letzten Endes, bei uns ist es im Triathlonsport,
vor allem auf der Langdistanz, das hast du einfach im wahrsten Sinne des Wortes ein,
zwei Rennen im Jahr, da muss es funktionieren.
Und die entscheiden deine ganze Saison.
Da stehst du natürlich auch dann etwas anders unter Druck
als jemand, der jetzt jeden Tag bei BMW Motoren zusammenschraubt.
Ja, da sind wir gespannt und behalten dich natürlich im Blick.
Ich finde es eine ganz spannende und auch beeindruckende Karriere,
die du da hingelegt hast.
Und ich glaube, da kann man auch viel von lernen.
Und danke dir auf jeden Fall sehr,
dass du uns heute einen Einblick gegeben hast in deine bewegte Karriere.
Und zum Abschluss des Gesprächs wollen wir,
das machen wir auch immer so bei „nah, neugierig & Negroni",
schon ein bisschen Neugier wecken auf die Person,
die beim nächsten Mal da sitzen wird, wo du jetzt sitzt, Faris.
Und wie immer habe ich ein Bild der Person und auch drei Tipps für dich.
Ich hole mal das Bild.
Das ist er.
Diejenigen, die uns zuschauen auf Spotify oder YouTube,
die sehen das jetzt hier auch.
Ja, wonach sieht er für dich aus?
Entschlossen.
Entschlossen, ja. Da sind wir auf einer guten Spur.
Ich habe drei Tipps für dich.
Erstens, er arbeitet im Verborgenen.
Okay.
Ja, ist doch schwierig, ne?
Ich gebe dir noch einen zweiten Tipp.
Das Gegenüber zu durchschauen, ist sein Job.
Hm. Okay.
Ja, der könnte bei der Polizei arbeiten.
Die Richtung stimmt.
Tipp drei, wo das Verbrechen ist, ist er nicht fern.
Okay, gut, dann Polizeipsychologe oder so.
Ja, die Richtung stimmt. Noch ein bisschen spannender sogar.
Das ist nämlich Leo Martin, so heißt der junge Mann.
Ehemaliger Geheimagent, Vernehmungsexperte.
NDR hat ihn mal „den Deutschen 007" genannt,
aufgrund seiner Geheimdiensthistorie.
Sein Hauptjob war es früher,
im Milieu der organisierten Kriminalität
Vertrauenspersonen anzuwerben.
Er wird uns ein bisschen was darüber erzählen.
Wir können auch von ihm lernen, wie man das Vertrauen gewinnt,
von Fremden, aber natürlich auch, wie man sein Gegenüber durchschaut.
Stichwort Vernehmungstechniken.
Und auch die eine oder andere interessante Geschichte
aus der Welt der Geheimdienste.
Da kann man sich vorstellen, hat der Leo das ein oder andere zu erzählen.
Er wird demnächst hier sitzen, wo du heute saßt, Faris.
Und ganz, ganz herzlichen Dank an dich, dass du dabei warst.
Mir hat es Spaß gemacht, ich habe viel gelernt aus unserem Gespräch.
Und danke auch an euch, dass ihr wieder zugeschaut oder zugehört habt.
Und bis zum nächsten Mal, dann mit dem Geheimagenten Leo Martin
bei "Nahe Neugierig" und "Nekroni".
[MUSIK SPIELT]
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