#5 An der Bar mit Spitzenkoch Jürgen Wolfsgruber: Wie lernen wir, alleine nach ganz oben zu kommen?
29.05.2024 52 min
Video zur Episode
;
Zusammenfassung & Show Notes
Wie fühlt es sich an, wenn der einzige Stammgast die Gerichtsvollzieherin ist und wie greift man trotzdem nach den Sternen? Darüber spreche ich mit Jürgen Wolfsgruber. Jürgen ist Sternekoch und von ihm lernen wir, wie man sich alleine an die Spitze arbeitet – und was „das Beste vom Lamm” mit Nachhaltigkeit zu tun hat.
Alle Folgen kannst du auch auf YouTube anschauen:
https://www.youtube.com/@nahneugierignegroni
https://www.youtube.com/@nahneugierignegroni
Folge uns auch auf Instagram und TikTok:
- https://www.instagram.com/nahneugierignegroni
- https://www.tiktok.com/@nahneugierignegroni
Offizielle Website:
https://nahneugierignegroni.letscast.fm/
https://nahneugierignegroni.letscast.fm/
Transkript
Du warst zu Beginn Koch, Sommelier, Kellner in einer Person.
Also quasi eine One-Man-Show und hast dir in dem Setup, wenn ich es richtig verstanden habe,
sogar eben diesen Stern erkocht. Wie kam es? Wie war das damals?
Ich hatte kein Geld, als ich angefangen habe.
Du hast in der Zeit, glaube ich, auch mal Besuch vom Gerichtsvollzieher oder Gerichtsvollzieherin gehabt?
Ja, mei regelmäßig. Da ging es irgendwie um 86-Euro-Forderung, die zu mir gesagt hat,
warum zahlt man das nicht einfach?
Warum zahlt man es denn nicht?
Ich habe es zu ihr gesagt, ich habe das Geld nicht. Punkt.
Du hast, habe ich zumindest gelesen, deinen Gästen auch mal Hirn und Hoden serviert.
Ja, gehört auch dazu.
Das war so ein Stück weit Wachrütteln mal, weil mir irgendwie, also auch nach wie vor ist das so,
weil mir dieses Pseudo-Nachhaltige am Keks geht.
Kann mich noch erinnern, ich hatte eine Frau sitzen, die sehr etepetete war
und die hat dann zu mir so gesagt, also dieses Runde da drauf, das war sensationell,
das war eine Jakobsmuschel. Und ich habe gesagt, nee, das war der Hoden.
Erkennt man die Tester? Weiß man, wann die kommen?
Nee, absolut nicht.
Es gibt halt schon so Parameter, wo du so vielleicht ein bisschen stutzig sein könntest.
Zum Beispiel?
Ja, keine Ahnung, ein einzelner Herr.
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge „nah, neugierig & Negroni".
Ich bin Friedl Wynants, ich bin euer Host und heute mit mir an der Sundowner-Bar ist Jürgen Wolfsgruber.
Jürgen ist Sternekoch und zwar ein ganz besonderer.
Jürgen hat sich nämlich seinen Stern komplett alleine erkocht.
Spoiler, mit einem Klempner am Herd.
Wir werden von Jürgen erfahren, wie er in wenigen Jahren von einem Termin mit der Gerichtsvollzieherin
in seinem Restaurant zum Koch für die größten Weltstars werden konnte.
Wir werden auch alle Mythen rund um die Sterneküche versuchen aufzulösen
und wir werden erfahren, was Jürgen, und es ist sehr überraschend, abends selber isst,
wenn er nach Hause kommt. Viel Spaß.
[Musik]
Jürgen, ich freue mich, Servus, dass du bei uns an der Sundowner Bar bist.
Und du hast dir als Drink einen Old Fashioned gewünscht, eigentlich einen Klassiker.
Und ich darf so viel sagen, der Kilian, unser Kollege hinter der Bar, hat lang geübt,
weil man macht ja nicht jeden Tag einen Drink für einen Sternekoch.
Und jetzt wollen wir natürlich auch gleich mal dein Urteil hören zu diesem Old Fashioned.
Das sage ich dir gleich unverblümt.
Das ist wunderbar.
Und ohne Filter.
Ohne Filter. Aber jetzt als Sternekoch muss ich natürlich fragen, warum Old Fashioned?
Was hat es damit auf sich?
Old Fashioned steht für mich so als...
Das ist so ein ganz klassischer Drink, wo du halt einfach nur...
Der besteht aus drei, vier Zutaten, right? Ich glaub vier.
Drei.
Drei.
Wenn du die Orangen zählst, dann sind es vier.
Ja, dann sind es vier.
Wo du halt relativ rasch, du schmeckst sofort jede Abweichung.
Und es ist nicht einer schlecht und der andere gut,
sondern das ist, wenn dir zum Beispiel, das ist sehr faszinierend übrigens,
wenn dir Charles Schumann einen Old Fashioned macht,
und er macht dir den 20 Mal, er schmeckt 20 Mal haargleich.
Immer.
Wenn der Barkeeper den macht, zehn Mal, schmeckt er zehn Mal anders.
Echt?
Aber nicht schlechter, sondern halt einfach anders,
weil der eine andere Herangehensweise hat,
weil er vielleicht einmal unkonzentriert ist,
weil wieder einer dasteht und sagt "Hey, Entschuldigung".
Und er sagt "Ja, warte kurz, ich mache was".
Und in dem Moment hat er dreimal mehr gerührt und der schmeckt anders.
Ja, that's it.
Dann sind wir jetzt gespannt.
Zum Wohl.
Oh, Prost.
Cheers.
Du stößt mit dem Mikrofon an.
Ich stöß mit dem Mikrofon an.
Hast du etwa keinen Old Fashioned im Glas?
Nein.
Eher dem Namen des Podcasts nach.
Sehr gut.
Yes.
Sehr gut.
Sehr gut, wow.
Ab jetzt auf hauptberuflich Barkeeper.
Kannst direkt anfangen.
Hör auf jetzt zu rekrutieren hier.
Jürgen, zu Beginn die Frage, die ich gerne jedem Gast zu Beginn stelle.
Was können andere von dir lernen?
Oh, ich habe mich tatsächlich ein bisschen vorbereitet,
aber ich verwerfe das einfach, weil es ist uninteressant.
Was kann man von mir lernen?
Ich bin immer gut gelaunt.
Es gibt ja so viele Menschen, die gerne mal schlecht gelaunt sind,
weil das Wetter schlecht ist oder keine Ahnung,
die U-Bahn wieder mal steht oder die S-Bahn streikt oder whatever.
Mir ist es wurscht.
Ich bin immer gut gelaunt und eigentlich immer relativ entspannt.
Gut, davon werden wir heute hier auch profitieren, glaube ich.
Hoffentlich.
Kommt drauf an, wie viele Drinks ich kriege.
Ja, genau.
Da wird der Nachschub nicht ausgehen, wenn es ist.
Ich stelle dich noch mal ganz kurz vor, Jürgen.
Du bist Spitzenkoch, du bist Restaurantbetreiber des Sparkling Bistros.
Zum einen in München, das seit 2020 auch einen Michelin-Stern hat.
Wir sprechen dann noch darüber.
Du hast auch kürzlich ein neues Restaurant eröffnet,
das „Tschecherl" mit etwas anderem Konzept.
Du bist der Erste, der es richtig ausspricht.
Was kann man statt „Tschecherl" sagen?
Ich höre vieles.
Tascherl.
Tascherl?
Tschechschall.
Egal.
Tschecherl, genau.
Und was sehr ungewöhnlich ist bei dir, und das finde ich sehr spannend
und möchte ich auch gerne ein bisschen mit dir beleuchten dann,
dass du dir diesen Stern damals quasi alleine erkocht hast,
was glaube ich nicht der klassische Weg ist,
um zu einem Michelin-Stern zu kommen.
Du hattest früher auch gelegentlich mal die Gerichtsvollzieherin zu Gast und so weiter.
Hast auch ein paar Geschichten, glaube ich, über die Jahre erlebt,
die wir heute hören werden.
Genau, ich bin sehr gespannt.
Und zu deiner Geschichte kommen wir natürlich jetzt auch.
Bevor wir so auf die Gegenwart schwenken, was du hier in München machst,
in der Gastroszene, vielleicht mal erstmal die Frage,
wie bist du überhaupt in der Gastronomie gelandet?
2000 gab es den Beruf des EDV-Technikers.
Und es gibt eine HTL bei Linz in Leonding und ich habe mich da eingeschrieben
und die hatten damals, ich weiß es gar nicht mehr auswendig,
keine Ahnung, pro Jahr 3000 Bewerber und haben aber nur 100 Schüler aufgenommen.
Und als die HTL mir zugesagt hat, dass ich diesen Schulplatz dort kriege,
hat es geheißen, ja passt, dann pass auf, wir gehen essen.
Und da wo ich herkomme, da gibt es so einen Spitzenkoch, der Grabner Rudi,
der immer noch sehr hoch angesehen ist in Österreich, war auch schon alt.
Ist halt so einer der alten Riege und der hat im Schloss Mondsee,
damals das Schloss Mondsee übernommen, hat dort auf Anhieb
irgendwie zwei oder drei Hauben gekocht und das war halt,
dort essen gehen war wirklich was Besonderes.
Hauben sind Sterne, oder?
Na ja, Hauben vergibt Gault-Millau und Sterne vergibt Michelin.
Aber ist vergleichbar?
Ja, also ich bin kein Freund davon, das zu vergleichen.
Das machen viele Gäste gern, dass sie sagen so,
der hat ja, das könnte er ja.
Ein Spitzenkoch?
There is a big difference between.
Es war ein Spitzenkoch und bei dem waren wir essen.
Und ich saß da und ich war vom Essen so begeistert,
dass der Matthias, meine Tante, meine Mama damals gesagt haben,
na dann frag ihn doch, ob du nicht zwei, drei Tage da bleiben darfst,
kannst du ein Praktikum machen.
Du hast eh noch ein Schulpraktikum, machst doch in der Küche.
Und der hat dann direkt gesagt, na ja, also wenn er will,
dann kann er gleich da bleiben.
Und ich habe dann dort ein Zimmer gehabt im Schloss
und bin zwei Tage dort geblieben und habe mir die Küche angeschaut.
Und das war ja eine Küche, wie man sich das vorstellt.
Schreien, Feuer, Laut, Beleidigungen, geraucht haben alle,
die Spüler sind beleidigt worden, also von A bis Z, jedes Klischee erfüllt.
Und ich stand da zwei Tage hinten und habe Lauch geschnitten,
so wirklich, so Junglauch in feine Dinger.
Und ich habe es gehasst.
Ich stand da und habe mir gedacht, das ist nicht mein Job, safe nicht.
Und nach zwei Tagen hat er mich dann gefragt,
hat am Nachmittag, wurde abgeholt von meinem Opa
und dann sagt er zu mir so, also wenn du willst,
kannst du am 1. August anfangen.
Das ist in acht Wochen.
Lehrvertrag haben wir fertig gemacht und ich hab mich nicht Nein sagen getraut.
Ach okay.
Das ist kein Blödsinn.
Wieso?
Im September wäre die Schule losgegangen nach den Sommerferien
und am 1. August hat die Ausbildung gestartet
und ich hab mich einfach nicht Nein sagen getraut.
Dann habe ich mir gedacht, was mache ich jetzt?
Steht der große Koch vor dir, der sagt, du kannst bei mir anfangen.
Ich habe den Blick von meiner Mama und meinem Großvater gesehen.
Die haben gesagt, oh krass, also der macht das jetzt.
Und ich stand da als 15-Jähriger und habe gesagt, okay, mache ich.
Okay.
Und dann hat es mir aber relativ rasch gefallen.
Also ich war dann die ersten zwei, drei Tage dort und das war sau lustig.
Bist du über den Lauch hinausgekommen?
Ich bin über den Lauch hinausgekommen, relativ schnell.
Ich habe relativ hart erfahren müssen.
Ich habe erst in meiner Ausbildung zum Weggehen angefangen.
Ach so.
Und habe relativ hart erfahren müssen, was passiert,
wenn du bis halb fünf in der Disco stehst und um sechs beim Frühdienst landen musst.
Macht man gern dann trotzdem öfter.
Du kennst das dann wahrscheinlich.
Kilian, Déjà-vu, oder?
Aber ich habe es gern gemacht und so bin ich eigentlich zum Kochen gekommen.
Verstehe. Also eigentlich ja, total ungeplant.
Ja.
Interessant.
Jetzt sag mal, jetzt bist du Spitzenkoch und wie gesagt,
auch das Sparkling Bistro seit ein paar Jahren mit dem Stern ausgezeichnet.
Wir schauen auch gleich auf den Weg.
Mich würde noch interessieren, hast du für dich so etwas wie ein Signature-Dish,
wo du sagst, das ist mein Gericht, das kann ich wie kein anderer oder das mache ich so gerne?
Wie kein anderer ist ganz schwierig, weil ich finde, heutzutage kannst du alles,
weil jeder kann sich irgendwie die Gerätschaften kaufen, die du brauchst.
Aber es gibt zwei Dinge.
Also meine Taube, glaube ich, ist outstanding.
Also die gibt es, so wie ich die mache, die gibt es nur bei mir.
Okay.
Und Kaisergranat ist so ein Signature, den haben wir eigentlich auch immer im Restaurant,
weil wenn ich den nicht im Menü habe, fragen die Leute danach.
Aha. Kaisergranat.
Genau.
Mein Signature-Dish ist Kaiserschmarrn.
Da sind wir nah dran.
Ja, da kann man mal eine Challenge machen.
Nein, warte, nein.
Das ist eine super Idee.
Du hast gewonnen.
Erst hast du ihn ans Messer geliefert, jetzt bist du dran.
Ja, genau. Ich wollte gerade sagen, es geht alles heute nicht gut für uns aus, das Duell.
Das ist eine gute Übung.
So, jetzt haben wir gehört, wie du in der Gastronomie gelandet bist.
Jetzt finde ich es eben ganz spannend.
Du warst zu Beginn Koch, Sommelier, Kellner in einer Person.
Also quasi eine One-Man-Show und hast dir in dem Setup, wenn ich es richtig verstanden habe,
sogar eben diesen Stern erkocht.
Wie kam es? Wie war das damals?
Ich hatte kein Geld, als ich angefangen habe.
Nein, also das Restaurant, das ich begonnen habe, das ist ja auch...
Als ich nach München gekommen bin, wollte ich aufhören.
Also der Liebe wegen bin ich nach München.
Ich wollte dann damals die Kocherei aufhören, weil meine damalige Freundin ist Anwältin gewesen
und die hat halt andere Arbeitszeiten gehabt.
Und ich habe halt relativ rasch festgestellt, okay, wenn ich da weiterkoche,
dann will die mit mir nichts mehr zu tun haben, weil Samstag, Sonntag,
will die an den Tegernsee fahren und irgendwie im Freihaus sitzen
oder in der Kirschner Stuben und nicht warten, dass ich heimkomme am Abend, stinkend nach Küche.
Und habe bei der Lufthansa oder bei der LSG, könnt ihr ja auspiepsen,
habe dann bei einem großen Münchener Unternehmen und Zulieferer im Einkauf angefangen
und habe Deutschland, Südösterreich und Schweiz geleitet im Einkauf.
Und das war so ein bisschen der Ausstieg aus der Gastronomie.
Habe aber den Foodbereich gemacht, das heißt, man war so ein bisschen sehr nah verbunden.
Und ich war auf einem Geschäftsessen und der Wirt in dem Restaurant, wo ich jetzt drinnen bin,
war so unfreundlich zu mir, dass ich ihm meine Visitenkarte gegeben habe und gesagt habe,
„Sowie du bist zu deinen Gästen, gibst dich eh nicht mehr lang, rufst mich halt an."
Und der hat tatsächlich zwei Wochen später angerufen
und hat mir die Hälfte seiner Firma angeboten zu kaufen.
Deine Prophezeiung werden wahr, das ist nicht gut.
Das war sehr absurd und meine damalige Freundin hat dann damals gesagt,
ich habe denen viel zu verdanken, muss man auch dazu sagen,
die hat dann damals gesagt, hey, das trifft sich ja gut,
dann bist ab jetzt Geschäftsführer und Restaurantbetreiber, dann mach das doch einfach.
Und ich habe dann damals mit meinem allerletzten Geld, was ich hatte
und ein bisschen was, was vom damaligen Schwiegerpapa in Spee zugegeben wurde,
es waren insgesamt 45.000 Euro, was da war, an Bargeld,
haben wir dann das Restaurant angefangen.
Das war so der Start und man hat relativ schnell oder man hat sehr schnell festgestellt,
dass das eigentlich absolute Peanuts in München sind.
Das war nach eineinhalb Monaten weg.
Ja, und ich habe mir dann gedacht, ach, ist ja wurscht, jetzt machst halt einfach
und wenn es nicht mehr geht, dann geht es halt nicht mehr, dann musst du halt wieder zumachen.
Und dann bist du alleine drin gestanden.
Genau, dann bin ich alleine drin gestanden.
Ich war jeden Tag einkaufen im Großmarkt.
Das war so mein Ding, weil wenn du selbst einkaufen fährst, hast du Bargeld mit
und du weißt genau, wie viel du verbrauchen kannst.
Und da gab es halt Risikoeinkäufe, wenn du ein Rinderfilet gekauft hast
und dir ist die ganze Woche kein Gast reingekommen,
dann hast du das im Zweifel eingefroren oder weggeschmissen
und dann hast du das Geld in den Müll geschmissen.
Also da hat man schon viel gelernt in der Zeit.
Aber so ist das entstanden, dass man alleine arbeitet.
Und vom Wein hatte ich auch keine Ahnung.
Ach, auch nicht?
Aber, Sommelier.
Okay.
Du hast in der Zeit, glaube ich, auch mal Besuch vom Gerichtsvollzieher oder Gerichtsvollzieherin gehabt?
Ja, mei regelmäßig.
Da waren halt Dinge, da hast du irgendwie...
Du musst dir vorstellen, das haben wir ja jetzt auch noch,
es kommt also nicht der Gerichtsvollzieher, aber warum der entsteht,
da kommt irgendein Lieferant rein und sagt so,
"Hey, ja, ich bin der Max, also wir machen da jetzt Fisch und so,
magst du nicht bei uns Fisch kaufen?"
Und du sitzt da und denkst dir so,
"Hey, okay, krass, wenn du da jetzt für 1000 Euro Fisch bestellst,
musst du den nicht direkt zahlen, sondern die Rechnung kommt erst zwei Wochen später,
das ist mega."
Und wenn dir der Typ dann eh unsympathisch war,
dann hast du gesagt, naja, dann soll er noch drei Monate auf seine Kohle warten,
so kann ich mir selber helfen.
Aber die Gerichtsvollzieherin, die Frau Gerstl,
ich hoffe, ich werde ihr, wenn das online ist, schicke ich ihr den Link.
Die freut sich auch.
Die freut sich, wenn sie hier erwähnt wird.
Ganz bestimmt.
Also der Frau Gerstl mitunter habe ich sehr viel zu verdanken,
das sage ich immer, das habe ich auch mal in einem Interview
bei einer großen Zeitung gesagt,
weil die halt immer, wenn die da war, da sind halt 600 Euro aufgebracht.
Also da ist es ja nicht um Tausende gegangen,
sondern 600 da, 150 dort, 70 da.
Da kommt die persönlich in den Laden?
Die hat ja was zu essen bekommen da, oder?
Nee, nee, absolut nicht.
Aber die war halt, dann hat sie einen Brief geschickt,
ich habe, Mahnbescheid kommt, reagierst nicht drauf.
Vollstreckungsbescheid kommt, reagierst auch nicht drauf.
Und irgendwann kam die.
Und hat mir das erklärt, den ersten weiß ich noch,
als wäre es gestern gewesen, da ging es irgendwie um 86 Euro Forderung,
die sie mir gesagt hat, warum zahlt man das nicht einfach?
Warum zahlt man es denn nicht?
Ich habe es ihr gesagt, ich hatte das Geld nicht.
Punkt.
Ich hatte es nicht.
Okay.
Also das klingt völlig absurd, aber ich hatte einfach,
ich hatte nicht die Möglichkeit zu sagen,
klar, das sind jetzt 100 Euro, die gebe ich jetzt dafür her,
weil die 100 Euro habe ich wiederum in einen Einkauf
in eine Großmarkthalle investiert gehabt.
Oder in eine Flasche Wein, die man wieder mal viel zu billig verkauft hat.
Aber ...
Und die hat mich halt auf Dauer gesehen,
dass ich immer da bin und immer arbeite.
Also immer, wenn die gekommen ist, war ja ich alleine.
Und die hat mich irgendwann mal gefragt,
das war ja jetzt nicht, dass die jeden Tag da war,
aber schon so alle drei Monate.
Da hat sie zu mir mal gesagt,
"Sagen Sie, Herr Wolfsgruber, sind Sie alleine?"
Sag ich, "Ja."
"Ja, und wann kommen die Mitarbeiter?"
Sag ich, "Ich habe keine Mitarbeiter."
Und dann sagt die so, "Wie machen Sie das?"
"Sie sind um 8 Uhr früh da, wenn ich vorbeilaufe oder vorbeiradle."
Die war in der Destouche-Straße, also ums Eck.
"Wenn ich am Abend heimfahre, ist der Laden auf und es sitzen Gäste drin."
"Also machen Sie das wirklich?"
Und ich sage, "Ja."
Sagt sie, "Okay, das hat großen Respekt verdient."
Und irgendwann, lange danach, wo das alles vorbei war,
da war dann Corona, etc. pp.,
und dann habe ich sie mal auf der Türkenstraße getroffen.
"Ach, Frau Gerstl, wie geht's? Wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen."
Sagt sie, "Ja, ist auch besser so."
Sag ich, "Ja, aber auch schade,
weil ich schon sehr wohl weiß, was Sie für mich getan haben."
Und die hat dann zu mir mal gesagt,
"Weißt, im Rahmen gewisser Möglichkeiten, die man hat,
auch als Gerichtsvollzieher, dass man sagt,
okay, man schiebt mal um vier Wochen, dann kommt man, dann holt man einen Teil,
man muss ja da entscheiden und abwägen.
Ich habe ja nichts davon, wenn ich Ihnen die Kaffeemaschine wegpfände
und Sie können keinen Kaffee mehr verkaufen.
Das bringt halt nichts."
Sagt sie, "Aber im Rahmen dieser Möglichkeiten, die ich hatte,
habe ich da schon unterstützt und geholfen,
wie man das auch immer nennen möchte,
weil man gesehen hat, da steht ein fleißiger Typ,
der halt echt dafür alles gibt, dass das funktioniert.
Und deshalb war ich so zu Ihnen."
Da bin ich ihr wirklich bis heute dankbar.
Ich weiß nicht, ob sie Gebiet gewechselt hat oder in Rente gegangen ist,
aber sie weiß das auch.
Okay, ja, schön.
Schön, dass du so eine Beziehung zur Gerichtsvollzieherin hast.
Ja, muss man haben.
Das waren jetzt die wahrscheinlich so knappsten Zeiten,
wenn du 86 Euro dann nicht hattest.
Jetzt hat sich das sicher geändert.
Die letzten Jahre warst du ja schon wirklich erfolgreich.
Welche Rolle spielt denn Geld für dich heute?
Ehrlich, gar keine.
Na ja gut, man braucht es, ne?
Geld braucht man.
Es ist schön, wenn man Geld verdient.
Das ist keine Frage.
Und jeder, das habe ich vorhin schon gesagt, als wir geredet haben,
jeder muss und jeder will Geld verdienen.
Alles andere wäre eine Lüge.
Aber ich bin jetzt nicht so ein geldgeiler Typ.
Also bei mir ist es einfach simpel erklärt,
kommt rein, geht raus, Punkt.
Dann mal Butter bei die Fische.
Ich kenne Aussagen, dass man mit Sterneküche nicht viel verdienen kann.
Verdienst du Geld?
Ja.
Gut.
Und?
Ja, ja.
[undeutliches Gemurmel]
Das weiß auch keiner.
Das kann man...
Nein, aber...
Quatsch.
Nein, aber klar verdient man Geld damit.
Ich habe ja auch ein ganz normales Gehalt in meiner Firma.
Also ich kriege einen ganz normalen Lohn wie jeder andere.
Und der Laden macht einen vernünftigen Gewinn?
Oder auch mal nicht.
Letztes Jahr war ein bisschen schwieriger.
Schauen wir mal, was dieses Jahr bringt.
Aber ja, das passt.
Also wenn man Millionär werden will,
dann ist man in der Gastronomie definitiv falsch.
Okay, auch in der Spitzengastronomie?
Ja, definitiv.
Echt, ja?
Also auch noch ein paar Sterne aufwärts?
Ja, würde ich mal sagen, verdienst du sogar noch weniger.
Ach so.
Das ist quasi gegenläufig zu den Sternen.
Das Problem ist, es redet ja bei so was keiner offen.
Oder sagt ja mal keiner offen, so und so ist es.
Du hörst von jedem Kollegen auch, den ich in der Stadt mal frage
oder außerhalb und sage, und wie schaut's aus, passt alles und so.
Es wird ja keiner zu dir sagen, oh Gott, wie schlecht,
ich verdiene kein Geld.
Sondern es ist immer alles super oder supi.
Und dann denkst du halt so, ja okay, dann brauchst du die nicht fragen.
Aber aus meiner Erfahrung kann ich da sagen, wir hatten Jahre,
die waren sehr gut.
Und wir haben auch wiederum Jahre, wo die nicht so gut sind.
Und eigentlich orientiert sich das schon so ein bisschen an der Wirtschaft.
Wahrscheinlich wie in jedem Unternehmen.
Wie groß ist dein Team inzwischen?
Von der One-Man-Show bist du weit weg.
Habe ich heute tatsächlich selber schauen müssen,
als ich den Fragenkatalog gelesen habe.
Es sind 15 aktuell.
Okay, da sind doch ein paar dazugekommen.
Jetzt mal so im Rückblick, jetzt hast du alles durch von ganz alleine bis 15.
Erreicht man alleine mehr?
Das ist eine gute Frage.
Sagen wir mal so, alleine musst du dich um weniger Probleme kümmern.
Okay.
Also wenn du 15 hast, hast du halt zwei Krankenstände,
einen Urlaub und die Oma hat Bauchweh.
Und ja mei, wir sind ein sehr closes Team.
Wir halten das ja alles sehr familiär.
Und mein Credo ist ja, alles sehr transparent zu machen.
Also jeder kann bei uns alles sehen.
Jeder kann überall mitentscheiden, wenn wichtige Entscheidungen anstehen,
wie machen wir vier Tage Woche, ja oder nein?
Machen wir mittags auf, ja oder nein?
Wird auch das gesamte Team gefragt, weil ich nicht will,
dass ich der böse Chef bin, der einfach mal was entschieden hat,
ohne jemanden zu fragen.
Ja, ist ja eigentlich für Küche ein vergleichsweise moderner Führungsstil.
Du hast ja vorher gesagt, gibt auch andere Seiten.
Gibt's andere Seiten, definitiv.
Aber das ist der Grund, warum man dann keine Leute mehr kriegt.
Ja, absolut. Das glaube ich.
Jetzt zum Thema Sterne.
Ich habe so viele Fragen.
Jetzt kann ja endlich jemanden fragen, der die auch wirklich beantworten kann.
Das weiß ich noch nicht.
Ja, mal gucken.
Erstmal, ist mir wirklich ein Rätsel.
Nach welchen Kriterien werden Sterne vergeben?
Das ist doch total subjektiv.
Man weiß nie, an was die sich orientieren.
Ja, klar zählt dafür Qualität, die Qualität vom Grundprodukt,
die Art, wie du es zubereitet hast oder die Professionalität in der Zubereitung,
die Präsentation und die Kontinuität, die du haben musst.
Das heißt, wenn der fünfmal kommt, muss es fünfmal gleich schmecken.
Und das ist ja auch der Druck, den du hast,
dass du halt immer dieses Produkt so an den Gast bringst,
dass der Tester sagt, das ist ein Stern wert.
Ach so, also es geht auch darum, dass das wirklich immer gleich schmeckt.
Ja, ja, klar.
Nicht nur ist es gut oder schlecht, sondern auch konstant.
Also das ist ja dann Fettsäure, Zucker und so weiter.
Es muss ausgewogen sein.
Es gibt Köche, die so, ich bin so einer,
ich bin eher so ein bisschen auf der radikalen Seite.
Bei mir hast halt viel Fett, viel Säure, viel Geschmack,
ich arbeite viel mit tierischen Fetten.
Das ist halt so mein Stil und das mache ich gern.
Wir sind dafür bekannt, dass wir ein Steinbutt im Gänsefett braten
oder auch confieren.
Und das ist ja von bis, aber ich glaube,
so die eigene Linie ist vielleicht auch ein Stück weit wichtig.
Diese Wiedererkennbarkeit des Kochs.
Okay, aber du sagst schon, dass es halbwegs objektiv ist,
diese Beurteilung.
Ja, ist es definitiv.
Also bei Michelin zum Beispiel ist es so,
dass der Tester eine Ausbildung haben muss,
entweder in dem Metier, wo er testet
oder halt eine gewisse Anzahl an Besuchen nachweisen kann.
Die gehen ja wirklich 350 Tage im Jahr essen,
teilweise zweimal.
Das muss man sich mal vorstellen.
Das heißt, ich denke, da bewertest du schon objektiv.
Weil wenn du mittags wo essen gehst
oder wenn du jeden Tag in irgend so einem Schuppen sitzt,
dann musst du ja objektiv denken.
Dann hast du ja ein professionelles Denken,
passt das Säure-Süße-Verhältnis, ist das Fleisch perfekt gegart,
wie schmeckt das Grundprodukt,
schmeckt es vielleicht ein bisschen mosig oder auch nicht.
Also ich glaube, dass du da schon professionell drauf schaust.
Dann ist es nur noch Arbeit, das Essen.
Das ist ja auch unromantisch.
Das ist tatsächlich Arbeit, ja.
Sagt mal, erkennt man die Tester?
Weiß man, wann die kommen?
Nee, absolut nicht.
Also jeder, der jetzt da reserviert hat, könnte theoretisch ein...
Ja.
Also klar, es gibt ja Mythen auch.
Es gibt schon so Dinge wie ein einzelner...
Super, wenn du das ausstrahlst,
dann kommt kein einzelner Gast mehr zu uns als Tester.
Aber es gibt halt schon so Parameter,
wo du so vielleicht ein bisschen stutzig sein könntest.
Aber der Punkt...
Zum Beispiel?
Ja, keine Ahnung, ein einzelner Herr.
Ach so, kommen die alleine oder was?
Ja, muss nicht.
Die können auch zu viert sein.
Ich habe einen Kollegen in der Stadt,
ich sage jetzt nicht, wer es ist,
der zu mir mal gesagt hat,
als er eine neue Wertung gekriegt hat,
weiß er hundertprozentig,
dass von acht Tischen sechs Tester waren an einem Abend.
Und das ist halt...
Ich meine, das ist von bis.
Du weißt das nie.
Outen die sich auch nachher nicht?
Also im seltensten Fall.
Es ist wohl schon passiert bei uns jetzt nicht.
Aha.
Ja, weil dann können sie nicht wiederkommen.
Genau, also wenn der sich outet und sagt,
yo, peace, ich bin übrigens hier,
der mit der roten Plakette, war cool,
ja, schönen Abend, ciao.
Dann kann der das Jahr drauf nicht mehr kommen.
Oder unter falschen Namen,
weil im Zweifel, wenn du ihn erkennst,
wenn er durch die Tür steigt,
kannst du eh nichts mehr ändern.
Ach so, dann ist es zu spät.
Ja, was willst du denn da machen?
Da kannst du nicht besonders gut kochen.
Nein, wenn du dem die extra Nocke Kaviar drauf machst,
weiß er ganz genau, jetzt hat er mich erkannt.
Und eine Soße hast du im Zweifel fertig.
Okay, gut.
Und der Gargrad beim Produkt muss bei jedem stimmen.
Es ist ja dann egal, du willst kein zähes Fleisch essen.
Nein.
Nein, so, oder einen rohen Steinbutt willst du auch nicht.
Nein, sowieso nicht.
Hast du den Stern oder hat den das Restaurant?
Da scheiden sich ja die Geister.
Man ist Sternekoch,
aber der Stern wird eigentlich ans Restaurant verliehen.
War das schwieriger, den am Anfang mal zu bekommen,
oder ist es schwieriger, den zu behalten?
Ich weiß nicht, bei uns ist das ganz schwierig,
weil wir, oder ich habe, ich sage immer wir,
aber ich habe ihn ja damals gekriegt,
ich habe gar nicht damit gerechnet.
Ich kann mich noch erinnern.
Echt?
Nein, ich kann mich noch erinnern,
vielleicht, wenn der das irgendwann mal hören sollte,
lacht er sich eins.
2018 im Januar nach dem Urlaub. Kam,
das war ein einzelner Herr, hat angerufen und hat gesagt,
ja, er würde gern bei mir Mittag essen.
Und ich habe mir gesagt, das gibt es, das ist,
das muss mit dem Teufel zugehen,
bist alleine, der erste Tag nach dem Urlaub,
noch nichts fertig und dann muss ein Einzelner
heute reservieren mittags.
Ich habe mich echt ein bisschen geärgert.
Hast du schon Verdacht gehabt, dass ein Sternetester ist?
Nein, überhaupt nicht, weil ich habe nicht damit gerechnet,
dass Michelin kommt.
Und ich habe mich echt, ich habe mich massiv geärgert
und ich weiß noch, ich habe den Tiefkühler aufgemacht
und habe mir gedacht,
ah cool, Linsen habe ich noch eingekocht, die taue ich auf
und eine Fasanenbrust habe ich noch da im Speckmantel,
die taue ich auf und ich habe dem dann,
dem Einzelnen dann drei oder vier Gänge gekocht mittags,
weiß gar nicht mehr, wie viel es war.
Und dann hat dieser Herr, der super nett war,
hat dann zu mir gesagt, ich würde gern zahlen
und dann habe ich ihm die Rechnung gebracht,
hat er gesagt, haben Sie vielleicht schnell zwei Minuten Zeit,
dass wir uns schnell unterhalten.
Da hat er seinen Laptop auf den Tisch gestellt
und ich habe zu ihm gesagt,
Mei, sage ich, wenn Sie eine Veranstaltung buchen wollen,
schreiben Sie mir eine E-Mail.
Es dauert bei uns immer ein bisschen,
dass eine Antwort kommt, weil das mache ich selber.
Nein, nein, er will mit mir reden.
Sag ich, ja, und wenn Sie etwas verkaufen wollen,
dann lassen Sie ein Prospekt da.
Und dann hat der gesagt,
Nee, also vielleicht unterhalten wir uns doch
und Michelin-Tester haben ja einen einen Ausweis.
Ach so, doch, der hat sich dann geoutet.
Ja, da geht es aber nur darum,
dass du halt für diesen Ersteintrag,
muss ja der Daten abgleichen.
Also wenn es nicht klar ist, muss er dich fragen,
wer ist der Küchenchef?
Der hat das nicht glauben können, dass ich alleine bin.
Wie viele Sitzplätze hast du?
Wie hast du auf etc.
Also das hat er schon erfragt.
Und ich habe dann zu dem gesagt, das tut mir voll leid.
Also da habe ich absolut nicht damit gerechnet.
Und dann hat er zu mir gesagt,
na ja, das ist so Standard.
Also das passiert ihm regelmäßig.
Aber danach haben wir den Assiette gekriegt.
Das ist so Teller und Besteck.
Das ist einfach eine Eintragung im Guide Michelin.
Die erwähnen dich halt und sagen,
hey, den gibt es auch noch da, schau halt da mal hin.
Das ist so die Vorstufe?
Ja, würde ich sagen.
Dann kommt Bib Gourmand, dann kommt der Stern.
Und am Anfang realisierst du das ja gar nicht,
weil das ist schon sehr, das ist wie ein Ritterschlag.
Ja, was hast du am nächsten Tag als erstes gemacht,
nachdem du den Stern hattest?
Gut, als du wieder gesund warst.
Kann ich da auch sagen, dann hat es...
[undeutlich]
Nee, überhaupt nicht.
Dann hat die Regierung verlaubt,
dass wir alle zumachen müssen.
Ach so, das war dann.
Da haben wir ja erst nur mal mittags aufhaben dürfen
und da habe ich gesagt, ihr könnt mich alle,
ich mache einfach zu.
Und da habe ich dann zugemacht tatsächlich.
Das war das Erste, was wir gemacht haben.
Also das heißt, du warst zu der Zeit nicht mehr ganz allein,
aber schon noch...
Mit dem Herbert damals.
Zu zweit, also in so einem winzigen Team,
da den Stern erkocht.
Ja, Herbert war in der Küche und hat halt so Dinge gemacht,
wie ich habe am Vormittag den Steinbutt portioniert
und habe gesagt, Herbert,
wenn ich sage, wir brauchen viermal Steinbutt,
dann stellst du die Pfanne hin
und wenn die raucht, legst du den Steinbutt da rein.
Und nach einer Minute drehst du um und ziehst die Pfanne weg.
So klar, mit der Anweisung hätte ich den Steinbutt auch machen können.
Ja, wahrscheinlich hätte es geklappt.
Und der Herbert hat dann gesagt, passt schon.
Und der Herbert ist dafür bekannt,
dass er eins zu eins Dinge umsetzt, die du ihm sagst.
Auch wenn er dann flucht, er hat immer geflucht, immer.
Da hat man gesagt, irgendwie ein Vegetarier,
die sollen sich alle schleichen,
was wollen denn die alle von mir?
Aber das heißt, du hast ja mit einem Klempner am Herd einen Stern erkocht.
Kann man das so formulieren?
Ja, der hat halt umgesetzt, was ich ihm gesagt habe.
Ja, ist so.
Ja, nee, ist ja super.
Noch mal zum Thema Sterne und so weiter.
Es gab mal diese Geschichte von so einer,
kennst du vielleicht auch so eine Straßenküche
auf so einem Markt in Singapur,
die, ich glaube, aus dem Nichts einen Stern bekommen haben,
wo dann Wochen danach natürlich Riesenschlangen waren und so weiter.
Was ich da nicht verstehe,
wenn jetzt so eine x-beliebige Straßenküche
sagen wir mal einen Stern bekommen kann,
müssen ja diese Tester überall hin.
Die können ja nicht zu jeder Dönerbude gehen letztlich.
Also ich will sagen, woher kommt so eine Art Vorauswahl?
Ich glaube, dass das am asiatischen Markt ganz anders ist,
weil du kannst also jeder, der schon irgendwo mal in Asien war,
völlig wurscht wo, weiß, dass die Qualität oder die Essensqualität
schon noch mal ganz ein anderes Level ist als bei uns.
Und dort ist es halt,
mei ich war in Hongkong bei dieser 3-Sterne-Pekingentenbude,
bei denen ist ja Hongkong Duck, nicht Peking Duck.
Aber das ist halt, ich meine, du gehst da hin, du isst das
und das ist so, das nimmt dich so unfassbar mit,
weil das so perfekt ist.
Das ist so vollkommen, du isst das
und das ist so super crispy, super juicy,
du kannst gar nicht aufhören.
Das ist so ein Wohlgefühl beim Essen.
Und ich glaube, dass halt auch in so einem Singapur,
so einem Straßenmarkt, da steht halt eine und kocht da ihr Gelump
und dann steht einer da und sagt, boah, das war aber richtig gut
und vielleicht ist das gerade ein Tester, der auf der Durchreise war
und sich gedacht hat, an den 15 Tagen, wo ich jetzt nicht testen muss,
esse ich da in Singapur auf der Straßenküche was.
Und dann war der da zweimal und hat gesagt,
okay, das müssen wir uns anschauen
und hat dann noch unabhängig zwei, drei hingeschickt
und schwuppdiwupp hat die einen Stern. Ist schon okay.
Oder es war halt ein PR-Stunt,
weil ich glaube, das ging schon auch gut durch die Medien.
Du musst dir vorstellen, in Deutschland ist das so ein,
das ist noch so ein bisschen spießig und verhalten.
Aber ich kenne halt hier im Umland zehn andere Läden,
wo ich sage, okay, die hätten es dreimal verdient,
auch wenn es nur ein Schwanzbraten war.
Jetzt sind wir aber beim Thema, wie unterscheidet sich das?
Was mich nochmal interessieren würde,
du hast jetzt gesagt, du kriegst Gänsehaut,
wenn du diese Peking-Ente war es oder Hongkong-Ente isst.
Glaubst du oder anders, woran würde ich als absoluter Laie
den Unterschied bemerken zwischen, meinetwegen,
einem Stern, zwei, drei? Würde ich den bemerken?
Also ja, definitiv merkst du einen Unterschied
zwischen eins, zwei oder drei.
Also bei der Rechnung wollte ich jetzt tatsächlich gerade sagen,
den Witz hast du mir jetzt geklaut.
Nee, absolut nicht.
Hat nichts mit der Rechnung zu tun.
Du merkst da schon, dass so ein,
wenn du in so einem, vielleicht ist ein einziger Besuch zu wenig dafür.
Aber die drei Sterne sind da schon sehr diffizil.
Also du hast ja dann ganz klare Handschrift vom Koch,
der ganz klar in jedem Gang immer seine Handschrift ausschöpft,
der in jedem Menü hat er seine Komponenten, die er halt immer verwendet.
Aber die hast du doch auch, die Handschrift.
Ja, möglich. Ich habe die auch, aber vielleicht nicht so ausgeprägt
oder nicht so stetig oder statisch wie einer, der drei Sterne hat.
Und würdest du es in einer Blindverkostung den Unterschied
zum Beispiel rauskennen zwischen einem und sagen wir mal drei Sternen?
Ja. Ja?
Ja, wobei schwierig zu sagen.
Ich glaube, wenn es ein Koch ist, wo ich schon gegessen habe,
könnte ich dir ganz klar sagen, wer es ist.
Echt? Ja.
Also für mich hat Benjamin Chmura vom Tantris
hat eine ganz klare Handschrift, die du erkennst.
Also ganz klar. Jan Hartwig definitiv. Edip genauso.
Das sind jetzt die Kandidaten, die halt bei uns hier im Umfeld sind.
Edip Siegl auch drei Sterne.
Klar. Also kennst du definitiv.
Ja, ich nicht, aber du.
Wenn du es gegessen hast und irgendwo,
ich hatte ein Erlebnis, du sitzt irgendwo,
du sitzt irgendwie auf den Malediven in einem Ressort,
wo gerade ein Gastkoch am Abend kocht.
Und du weißt es vielleicht gar nicht, weil du gehst halt da zufällig rein
und bist aus dem Zimmer raus und sagst, setz mich da hin, iss da.
Und du isst da einen Gang und erkennst plötzlich,
dass dann Jan Hartwig kocht.
Das würdest du erkennen?
Ja, definitiv.
100 Prozent. Diesen Gang von dem kennst du.
Und das machen die drei Sterne aus.
Okay.
So ist vielleicht die Frage beantwortet.
Ja, dann bleibt natürlich noch die Frage zum Thema Sterne.
Möchtest du dir weitere erkochen?
Ich bin, also ich war am ersten nicht versessen.
Ich habe natürlich Blut geleckt.
Ja.
Ich finde das schön, da hat man auch irgendwann so ein Ego-Problem.
Aber das ist jetzt für mich kein Muss.
Wenn es kommt, kommt es, wenn nicht, dann nicht.
Ja, was müsstest du denn machen?
Ich weiß es gar nicht.
Ich glaube, dass man vielleicht schon noch ein Stück weit an der Handschrift pfeilen muss.
Vielleicht ein bisschen stetig oder statischer bleiben.
Wir machen ja, ich wechsle ja oder ich ändere ja viel.
Wenn ich keinen Bock mehr habe, Agnolotti zu machen,
dann ändere ich den Gang einfach von einem Tag auf den anderen.
Aber andere sind halt schon in einem laufenden Prozess,
dass die sagen, ich probiere einen Gang aus.
Ich probiere ihn noch einmal, ich mache ihn noch einmal.
Erst wenn er perfekt ist, serviere ich den.
Und ich sage halt eher so,
naja, heute haben wir 20 Gäste, dann probieren wir den Gang mal aus.
Aber nicht, dass er schlecht wäre oder so,
sondern schauen wir, wie er ankommt.
That's it.
Okay, gut.
Also von dir wird man noch hören, sage ich jetzt einfach mal so.
Meine Einschätzung zum Gespräch.
Auch negativ wahrscheinlich.
Negativ vielleicht auch, ja.
Ja, vielleicht mal so ein paar,
jetzt das Thema Sterne haben wir, glaube ich, ganz gut beleuchtet.
Geschichten aus der Spitzengastronomie stellen wir vor,
da gibt es ziemlich viele.
Ein paar Geschichten, sagen wir mal, aus Gästesicht
vielleicht mal zuerst.
Ich glaube, ich hätte durchaus Respekt,
wenn ich in ein Sternerestaurant gehe.
So Stichwort Etikette, wie verhalte ich mich da?
Welches Besteckteil benutze ich wofür?
Außer den Basics oder sowas.
Was würdest du sagen?
Zurecht oder ist das ein Mythos?
Also ich finde, das ist ein Mythos.
Es gibt schon immer noch diese steifen Buden,
wo auch dann die Kellner mit dem Stock im Arsch rumlaufen,
wo du dir denkst, als Gast,
eigentlich bin ich gar nicht erwünscht hier.
Das gibt es schon auch noch, aber immer weniger.
Und eigentlich ist die Sterne-Gastronomie ja aktuell ...
Ich meine, sieht man gerade in München,
gibt es eine wahnsinnige Vielfalt.
Auch in Berlin gibt es halt Läden,
wo halt der Wirt dich auch mal beleidigen kann,
wenn du da am Tresen sitzt.
Und auch das ist Sterne-Gastronomie.
Und eigentlich sollte man gar keine Hemmung davor haben.
Weil der Stern, und jetzt sage ich es offiziell,
der Stern ist ja auch einfach nur unter Anführungszeichen,
auch wenn bewusst und so weiter,
ein rotes Buch, was jemandem empfiehlt, geh dahin.
Also das heißt...
Was ein Reifenhersteller empfiehlt, geh dahin.
Was ein Reifenhersteller sponsert.
Also das ist ja, klar ist das hoch angesehen,
weil das professionell gemacht ist und so weiter.
Das habe ich eingangs schon gesagt.
Aber trotzdem, der Stern hat da nicht gleich was mit Etikette zu tun.
Also wir haben gar kein Besteck am Tisch,
du kriegst das eingedeckt.
Das heißt, du weißt safe, zu welchem Gang du was essen musst.
Gut, ich komme.
Wir sind der Laden dann, für die das gar nicht verstehen.
Danke, da sind wir richtig.
Okay.
Ist das Sterne-Restaurant, also ist dein Restaurant,
auch, sage ich mal, ein Promimagnet?
Kommen da Prominente gerne hin?
Ja, und ich weiß, jetzt kommt dann die Frage,
die kann ich dir leider nicht beantworten.
Was, wer da kommt?
Oder was die so machen?
Ja, genau.
Geschichten.
Gibt es da keine Geschichten?
Doch, es gibt sehr viele Geschichten,
aber es gibt halt so, ich finde, es gibt so Dinge,
also gerade so was,
das muss man mit äußerster Diskretion behandeln
und da muss man schon so ein Stück weit zurücktreten
und sagen, ich könnte da jetzt 20 Geschichten auspacken, ...
Du brauchst ja keinen Namen nennen.
... wo jeder, nee, wenn ich sie erzähle,
dann weiß man, um was es geht.
Schade.
Ich kann ja da meinen Mund nicht halten.
Es gibt schon sehr lustige Dinge.
Wir haben schon gehabt von,
Sie wissen doch, wer ich bin und ich gesagt habe,
ja, aber wenn du im Scheißhaus sitzt,
riechst du auch nicht nach Erdbeeren.
Von bis.
Willkommen im Sterne-Restaurant.
Ja, aber das ist egal.
Und wir machen ja gar keinen Unterschied.
Das kommt dann noch dazu.
Zu uns kann, ich sage immer, zu uns kann der Kaiser von China kommen.
Ja, also das darf ich ja sagen.
Ich habe für den reichsten Inder der Welt gekocht.
Ja, und und habe da keinen riesen Aufwand draus gemacht.
Und mir ist das auch völlig egal, wer das ist.
Das ist ein Gast, der kommt.
Und wenn es ein Flaschensammler aus der Stadt ist,
der irgendwie sich seine letzten 100 Euro zusammengespart hat,
wenn der zu mir kommt, wird er genauso behandelt wie jeder andere auch.
Okay.
Und wenn wir ausgebucht sind und der Kaiser von China klopft,
dann muss er leider zu, keine Ahnung,
Fuyuan oder so gehen, weil ich habe keinen Platz für ihn.
I don't know.
Ja, okay.
Ist so.
Du hast, habe ich zumindest gelesen,
deinen Gästen auch mal Hirn und Hoden serviert.
Ja, gehört auch dazu.
Wie, weiß ich nicht.
Ist das so? Wie kam es dazu?
Weiß gar nicht.
Das war so ein Stück weit Wachrütteln mal,
weil dieses, weil mir irgendwie, also auch nach wie vor ist das so,
weil mir dieses Pseudonachhaltige auf den Keks geht.
Also alle reden davon, wie der Bauer da mit seiner Holzkiste,
dir aufm Fahrrad das Gemüse in die Stadt bringt.
Das interessiert mich nicht, sondern nachhaltig ist für mich
A, wenn ich ein Tier töte oder wenn ich ein Tier verarbeite,
muss es das ganze Tier sein.
Und B, wenn ich das schon mache, muss ich auch zu 100% dahinterstehen.
Und zu diesem Gang, der hat ja viele Wellen geschlagen in Deutschland
oder auch überregional.
Den mit Hirn und Hoden.
Den mit Hirn und Hoden, da gibt es ja noch eine ganz andere Geschichte.
Früher stand da Hirn, Hoden und Bries auf dem Menü.
Was Bries?
Hirn, Hoden und Bries.
Bries ist ja der Thymus, die Wachstumsdrüse.
Okay.
Also kennst du...
Von welchem Tier überhaupt? Wovon sprechen wir?
Ja, also in dem Fall war es Lamm.
Also Hirn, Hoden und Bries, das war das Gericht.
Richtig und das stand auf der Karte und jeder hat beim Menü bestellen gesagt,
naja, das will ich nicht.
Oder wenn ich gesagt habe, wir haben Hirn, Hoden und Bries,
nee, das esse ich nicht.
Und irgendwann habe ich halt angefangen zu sagen,
das ist das Beste vom Lamm mit Kartoffeln, Zwiebeln und Trüffeln.
Und als dann plötzlich die Trüffel drauf waren, hat es jeder haben wollen.
Wirklich?
Ja, ja klar.
Und gar nicht mehr gefragt, was es ist?
Nee, es kam dann meistens danach dieses...
Kann mich noch erinnern, ich hatte eine Frau sitzen,
die sehr etepetete war und die hat dann zu mir so gesagt,
also dieses Runde da drauf, das war sensationell,
das war eine Jakobsmuschel.
Und ich habe gesagt, nein, das war der Hoden.
*lacht*
Die Taktik kenne ich nur von meiner Mutter,
so was unterjubeln und für was anderes erklären.
Ja, ich sehe das gar nicht als unterjubeln,
das war eher vielleicht so ein Stück weit radikales Wachrütteln.
Wenn jemand zu mir gesagt hat, ich esse keine Innereien,
hat er das von mir natürlich nicht gekriegt.
Aber wenn jemand zu mir gesagt hat, ich esse alles,
dann habe ich das kommentarlos serviert.
Und da gibt es ein tolles Bild von diesem Gang.
Und es gibt heute noch Sterneköche aus Deutschland,
wenn die zu unserem Essen kommen, fragen sie,
ob ich den Gang machen kann.
Und wie waren die Reaktionen der Gäste,
wenn du gesagt hast, das war jetzt der Hoden?
Meistens haben sie gelacht, weil sie geglaubt haben,
ich habe einen Scherz gemacht.
Aber ich habe mir dann sämtliche Kommentare gespart.
Besser ist das.
Und ein Rezept dafür?
Also ich sage mal, da kann man jetzt nicht auf Chefkoch gehen
und sagen, Lammhoden.
Wie kreierst du das?
Boah, ich weiß gar nicht, wie das entstanden ist.
Ich muss überlegen.
Doch, ich weiß es schon.
Ich habe mit meinem Lieferanten telefoniert und habe gesagt,
sag mal, hast du eigentlich auch Stierhoden?
Und er hat gesagt, nee, aber Lammhoden habe ich.
Die sind gerade sehr gut.
Und dann habe ich gesagt, naja, dann schick mir mal welche.
Und dann kriegst du diese Lammhoden
und die musst du ja schälen.
Und wenn du die schälst, schauen die aus wie Jakobsmuscheln.
Die sind ja nahezu weiß, wenn die eine gute Qualität haben.
Also wenn keiner diesem Viech in die Eier getreten hat,
dann sind die weiß.
Sonst hätten die einen Bluterguss.
Ja, ist so.
Habe ich selten jetzt mit zu tun, aber ich glaub's dir einfach.
Dann sind die weiß und wenn du die dann rausnimmst und halbierst,
dann hast du so, wie so eine Jakobsmuschel schaut das aus.
Und wie schmeckt es?
Du kannst das gar nicht beschreiben, es ist ganz eigen.
Aber du denkst da jetzt nicht, boah krass, das schmeckt voll nach Hoden.
Da weiß ich auch wenig.
Ess ich selten.
Oder ich hätte keinen Vergleich gehabt dazu.
Ja, wir haben es auch mal steirische Jakobsmuscheln genannt.
Das hat auch funktioniert.
Jetzt lassen wir das.
Ja, jetzt lassen wir das.
Noch mal ein anderes Thema, was ich bei Sternerestaurants immer vermuten würde,
ist kleine Portionen. Stimmt das?
Ich weiß gar nicht, ob man das so sagen kann.
Also wir kalkulieren natürlich unsere Gerichte schon.
Das kommt wahrscheinlich danach nochmal irgendwie als Frage.
Wir kalkulieren unsere Gerichte natürlich schon.
Und dass du vielleicht beim Steinbutt, der nach Ikejime geschlachtet ist
und direkt aus der Bretagne zu dir kommt, der irgendwie 90 Euro das Kilo kostet,
dass du da keine 200 Gramm Fisch auf den Teller legst, ist völlig logisch.
Aber kleine Portionen, ich denke, das macht das Ausgewogene.
Ja, und wie kalkulierst du es?
Na, was heißt wie kalkuliert?
Du gehst halt her und sagst, was hat denn Saison?
Und eigentlich bedingt ja die Saison, dass das gerade leistbar ist.
Also wenn du klug arbeitest, hast du in der Fangsaison von einem Steinbutt,
ein Steinbutt, der sonst 100 Euro das Kilo kostet, für 50 Euro das Kilo.
Und dann kannst du den natürlich in dein Menü einkalkulieren
oder kannst sagen, okay, das ist für mich jetzt vertretbar, das zu verkochen.
Das heißt, der Menüpreis ist fix und du musst gucken, dass du da reinkommst?
Ja, das ist auch sehr speziell in Deutschland tatsächlich.
Also ich wäre ja einer der Vorreiter, der sagt, wir machen einen flexiblen Menüpreis
und sagen, wenn wir einen Steinbutt da reinmachen, dann kostet er halt mehr
oder wenn wir einen Kaisergranat haben, noch mehr.
Wir haben das in einer gewissen Form angefangen, letztes Jahr im November,
indem wir gesagt haben, du kannst bei uns das kleine Menü, kostet 135 Euro,
sind vier Gänge, das ist unser Einstiegmenü, was glaube ich aktuell für die Szene,
in der wir uns bewegen, sehr günstig ist.
Und dann gibt es die Add-ons. Wir haben ja gesagt, jedes Luxusprodukt,
wonach die Leute permanent fragen, egal ob das jetzt Kaisergranat, Foie Gras
oder was auch immer ist, jedes Luxusprodukt kannst du dann adden zum Menü.
Also du kannst die vier Gänge nehmen und kannst sagen,
ach, aber ich hätte gern noch den Kaisergranat on top.
Aber dann kostet der halt Geld, der ist straff kalkuliert,
da verdiene ich tatsächlich fast nichts dran, aber das Gericht kostet halt 40 Euro.
Und die Leute lieben es, weil sie halt einfach sagen, okay, das ist klug,
ich habe ein Stück weit Entscheidungsfreiheit und ich als Unternehmer habe halt die Sicherheit,
dass ich die 135 Euro sicher habe, wenn der Gast kommt.
Okay. Und sitzt du dann da vor einer Excel-Tabelle oder wie machst du das?
Also ich könnte dich jetzt voll anlügen und sagen, ja, wir kalkulieren das voll krass.
Also wir haben eine Tabelle mit Formeln dahinter und im Anschluss gibt es ein Formular,
da kann man die dann auch bestellen.
Nee, absolut nicht. Du hast schon ein Gefühl dafür.
Und dass du natürlich in einem Monat, wo du, keine Ahnung, Oktober, November,
wo du viele Luxusprodukte im Menü hast, weil halt gerade der Kaisergranat top ist
und weil halt vielleicht doch irgendwie das Wagyu jetzt aufm Plan stand,
dann hast du halt mal weniger Warneinsatz.
Aber als Unternehmer denkst du ja auch nicht am Tag,
sondern du schaust dir ja dann das Jahresende an und sagst, okay, wie war mein Jahr?
Also wir haben es heute tatsächlich gemacht, dass wir gesagt haben,
wie war denn unser Vorjahr eigentlich, wo war unser Warneinsatz und so weiter.
Und wenn der dann stimmt, dann passt das ja.
Und das habe ich eigentlich seit fast zehn Jahren jetzt gut im Griff.
Okay. Was würdest du sagen, welche Eigenschaften sollte jemand mitbringen,
der in der Gastronomie nach oben will?
Boah, Disziplin, keine Freunde am besten, nee.
Also Disziplin, ich glaube ein ausgeprägtes Privatleben im Sinne von,
man hat Freunde und so weiter, die auch verstehen, was man macht.
Das ist sehr, sehr wichtig.
Und einem muss mal bewusst sein, dass man halt auch echt arbeiten muss dafür.
Und ich erlebe das ja jeden Tag, dass Leute kommen, sich vorstellen, Probearbeiten,
Praktikanten da sind, die glauben, das passiert aus nichts.
Und wir haben schon Praktikanten gehabt, die mir erklärt haben, wie man zu kochen hat,
wo ich gesagt habe, okay, dann go for it, Abend Service ist heute dein,
ich wünsche dir viel Spaß.
Und ich stand dann eine halbe Stunde später am Pass,
habe mir das Spektakel angeschaut, habe eine lustige Instagram-Story daraus gemacht.
Da kommen auch 50.000 Follower her und lache mir dann eins.
Wie bist du als Gast anderer Restaurants?
Tiefenentspannt.
Ehrlich?
Bei anderen Spitzenköchen okay und bei ganz normalen Restaurants?
Tiefenentspannt.
Ehrlich?
Ja, absolut.
Ich habe eher das Problem, dass ich immer die ganze Karte auf und ab bestelle
und ich gehe dann meistens raus und denke mir, ich habe viel zu viel gegessen.
Aber das ist normal und ich würde auch nie jemanden belehren oder sagen,
dass es besser geht.
Das würde ich nicht machen.
Heißt, auch wenn du privat bekocht wirst, bist du genauso entspannt?
Super entspannt.
Wenn du deinen Kaiserschmarrn machst.
Das traue ich mich nicht.
Aber ja, bei Gelegenheit.
Deinen Kaisergranat möchte ich dann aber im Gegenzug.
Ja, den kannst du ja haben, das ist kein Akt.
Okay.
Kochst du denn überhaupt auch privat?
Nö.
Nö?
Nö.
Was isst du dann?
Döner, Pizza.
Wirklich?
Ja, du lachst, logisch.
Du haust dir dann eine Tiefkühlpizza rein.
Du kommst aus einem Sternerestaurant und haust dir selber eine Tiefkühlpizza rein.
Ich liebe TKP am Sonntag vor dem Fernseher.
Das ist mit Ketchup super oder mit Sriracha-Soße.
Mit Ketchup?
Ja, Sriracha-Soße.
Ah, jetzt machst du gerade das Bild kaputt.
Pizza mit Ketchup?
Ja, warum?
Ja, das geht doch nicht.
Andere Spitzenköche essen Sweet-Chili-Soße zu allem.
Also, naja, ich sage dir jetzt nicht wer, aber passiert.
Aber das hat mich jetzt erstaunt.
Ich habe auch ein, zwei andere Köche kennengelernt, die dann auch noch abends privat daheim kochen.
Nein, das kommt nicht in die Tüte.
Ich koche schon mal daheim, aber daheim mache ich halt dann, keine Ahnung, ein gefülltes Hendl
oder so.
Also wirklich, das was wir jetzt gerade im Tschecherl kochen, koche ich dann auch daheim.
Also definitiv keine Fünf-Gänge-Menüs.
Nee?
Nee.
Das ist ein Irrglaube, den sich auch gerne mal jede Frau wünscht, wenn sie einen Koch
datet, dass der kocht.
Die Sandra, meine Lebensgefährtin, wird es bestätigen, das habe ich genau einmal gemacht.
Ehrlich?
Ich habe genau, nee, ich habe ehrlich, ich habe zweimal gekocht.
Das erste Date und das zweite Date.
Das erste Date habe ich gekocht, das zweite waren wir essen.
Wusste sie da, dass du Koch bist?
Ja, ja.
Ach so, schade.
Aber sie wusste nicht, was ich mache.
Okay.
Das erste, doch, wusste sie schon, weil ich große Klappe gehabt habe im Schumanns.
Kann ich mir gar nicht vorstellen.
Ja, ich auch nicht.
Und beim dritten oder vierten Date habe ich vier Gänge vegan gekocht mit Tofu.
Da hat es mir selber so gegraust davor.
Aber ich habe es gemacht, weil es mir wichtig war.
Und das hält sie mir auch heute noch vor, dass sie sagt, früher hast du noch gekocht
für mich.
Jetzt TKP mit Ketchup.
Ja, aber das ist ja geil, das muss entspannt sein.
Entweder man holt was ab oder Wolt hier.
Ich bin Wolt-Premium-Kunde.
Gold-Status oder so, keine Ahnung.
Ja, interessant.
Hätte ich nicht gedacht.
Aber macht es sympathisch.
Sag mal, sind deine Rezepte eigentlich geheim?
Ist das wie beim Zauberer der Zaubertrick?
Ja, man hat schon so zwei, drei Dinge, die man macht.
Wir haben jetzt gerade wieder eins im Menü, das Weizengraseis, was ich definitiv niemandem
verrate, weil das ist halt so ein, das kriegst du nirgends.
Das ist wie, ich beschreibe das am Tisch.
Ich kann dir nur eins zu eins sagen, was ich zum Gast sage, wenn es heißt, Weizengras,
was ist denn das?
Das Weizengras ist halt der erste Sprössling vom Weizen.
Das ist so 10 Zentimeter, 12 Zentimeter hoch.
Und das ist halt ein Grashalm.
Und wenn du das, das ist sehr instabil.
Also das Chlorophyll in dem Blatt ist super instabil.
Ich habe ja mal in der Molekularküche gearbeitet, deshalb bin ich damit beschäftigt.
Das Chlorophyll bricht so bei 15 bis 18 Grad, fängt das zu brechen an.
Und wenn das bricht, wird es grau.
So.
Und ich habe lange, lange, lange gefeilt, dass ich ein Eis produzieren kann.
Eine Eismasse musst du ja immer heiß machen.
Also solltest du immer heiß machen.
Sprich, die Grundmasse des Eises wie Glucose, Zucker, etc.
muss ich einmal auskochen und quellen, damit das auch fest wird.
Und damit du Konsistenz im Eis hast.
Und ich habe eine spezielle Methode, Weizengras zu verarbeiten,
dass das ein knallgrünes Eis ist.
Und nicht wie viele Kollegen dann Farbe reinknallen in dieses Ding.
Sondern das ist ein natürliches Grün und schmeckt dann,
als würdest, keine Ahnung, wie habe ich letztens mal gesagt,
zu so einem sehr spießigen Tisch habe ich letztens gesagt,
Kennen Sie es, Sie gehen am Freitag saufen und am Samstag um halb sieben Uhr früh
mäht der Nachbar im Garten und es duftet.
Sie regen sich zwar auf, aber freuen sich, weil es gut riecht.
So schmeckt dieses Eis.
Und dann sind sie da und denken, naja, stimmt, Sie haben recht.
Wie wenn der Nachbar Rasen mäht, wenn man selber mit nem Kater im Bett liegt.
Genau.
So schmeckt dein Eis.
Ja, genau.
Und das ist halt so, dafür würde man ein Rezept nicht hergeben.
Oder das Rezept vielleicht schon, aber die Art und Methode nicht,
wie man es macht.
Da geht es ja viel um Temperaturen, etc.
Aber grundsätzlich ist gar nichts geheim, weil es gibt Gronder, etc.
Wir haben hier nichts erfunden.
Was gibt es?
Gronda ist so ein Profi-Portal für Köche.
Also Chefkoch für Profis.
Ja, genau so ähnlich, mit Videos und whatever.
Es gibt auch Restaurants, wo du, wenn du dann das Menü liest,
weißt du ganz genau, da hat sich gerade ein Gronda-Pro-Account gekauft.
Also die gibt es.
Du hast am Anfang gesagt, auf die Frage, was kann man von dir lernen,
dass du Humor bei der ganzen Sache bewahrst.
Wie machst du das?
Das klingt nach einem harten Job und auch nach nicht immer nur Spaß hier,
Gerichtsvollzieherin, etc.
Wie bewahrst du dir den Humor?
Die richtigen Leute, mit denen man es auch teilen kann.
Was für einen Tipp kannst du jedem Hobby-Koch geben?
Was kann ich morgen in der Küche anders machen,
als völlig talentfreier Koch?
Mir nicht sagen, dass du einen Kaiserschmarrn super machst.
Du weißt ja gar nicht, du hast ihn ja noch nicht probiert.
Wie kann ich ihn denn besser machen?
Entspannt sein einfach.
Viele gehen so verspannt an das Kochen ran.
Kochen ist ja no rocket science.
Du baust ja keine Atombombe.
Du kochst halt einfach was.
Ich finde, alles über vier, fünf Zutaten wird da schon anspruchsvoll.
Ja, verstehe ich schon ein Stück weit.
Aber Kochen ist halt auch so,
entweder du siehst Kochen als,
ich stelle mich da jetzt hin
und für die nächsten fünf Stunden bin ich offline und ich koche hier,
oder du machst das nebenbei.
Wenn du es nebenbei machst, weil du noch 50 Calls hast
und noch 50 andere E-Mails schreibst,
dann solltest du nicht kochen.
Ach so, dann nicht.
Dann mach deine TKP mit Ketchup.
Ich würde bei mir auch nicht von Kochen sprechen,
sondern von Essen machen.
Aber Essen tust du ja dann.
So schlecht kann es nicht sein.
Okay.
Gut, Jürgen, zum Schluss des Gesprächs
machen wir es immer so hier bei "nah, neugierig & Negroni",
dass wir schon ein bisschen Neugier wecken
auf die nächste Person, die da Platz nimmt, wo du jetzt sitzt.
Ich habe da ein Bild und ich habe auch ein paar Tipps für dich.
Ich zeige das mal hier, damit ihr das auch sehen könnt,
wenn ihr uns zuschaut.
Das hier ist der Nächste, der da sitzen wird, wo du jetzt sitzt.
Ich habe mal die Vermutung, du erkennst ihn jetzt nicht direkt,
wobei man könnte ihn vielleicht kennen.
Doch, ich bin gerade am Überlegen.
Das könnte irgendein Fußballmensch sein, oder?
Nein, aber die Richtung ist nicht völlig falsch.
Ich gebe dir Tipps.
Das schaut ein bisschen aus wie der Brazzo.
Ja, der Brazzo ist es ...
Der ist es aber nicht.
Hast du von dem eine Geschichte?
Schöner.
Also, ich gebe dir Hinweise.
Pass auf, für ihn gilt,
alle guten und übrigens auch anstrengenden Dinge sind drei.
Krass, hat der ein Harem.
Nein.
Ich mache direkt weiter mit dem nächsten Tipp.
In Hawaii hat er gezeigt, was in ihm steckt.
Dann ist es irgendein Surfmensch.
Nein, noch nicht ganz.
Iron Man.
Da kommen wir der Sache schon näher.
Genau, also Iron Man trifft es ganz gut.
Tipp 3 können wir uns direkt sparen.
Das ist nämlich Faris Al Sultan.
Er ist Triathlet und er ist der dritte Deutsche,
der den Iron Man gewinnen konnte in Hawaii.
Von dem kann man natürlich auch einiges lernen.
Ich war der zweite, habe ihn angerufen und gesagt, du ...
Nach dir der dritte, der den Iron Man gewonnen hat.
Von ihm können wir definitiv lernen,
warum in uns allen mehr steckt, als wir denken.
Auch was mentale Stärke damit zu tun hat.
Er wird der nächste sein, der da Platz nimmt.
Krass.
Jürgen, ganz herzlichen Dank.
Es war eine extrem kurzweilige Stunde mit dir hier an der Bar.
Lustig war es.
Wir haben viel gelernt, viele Geschichten.
Danke, mir hat es total viel Spaß gemacht.
Ich sage danke.
Danke.
Und euch danke fürs Zuhören, Zuschauen.
Bis zum nächsten Mal bei "nah, neugierig & Negroni".
Und dem Team danke für die Geduld und für den tollen Old Fashioned.
Nicht Whiskey, Old Fashioned.
Danke.
"Wirはいmals nicht allein sagen…?", so Möglichkeiten mit "Wir sind jetzt allein",
Feedback geben
Du hast jemanden im Kopf, den du gerne an unserer Bar sehen möchtest? Dir gefällt der Podcast oder du möchtest einfach was loswerden? Dann schreibe uns gerne hier eine Nachricht. Oder auch per E-Mail: contact@nahneugierignegroni.de